So sieht das Skelett des vor rund 330 Jahren in Niederösterreich gestrandeten Wüstenschiffs aus. Forscher konnten rekonstruieren, dass es sich dabei um eine männliche Kreuzung aus Trampeltier und Dromedar handelt.

Foto: Alfred Galik

Wien - Es hat auf den ersten Blick wie ein Aprilscherz geklungen, was das in San Francisco ansässige Fachblatt "PLoS One" vergangene Woche ausgerechnet für den 1. April als Spitzenartikel avisierte: In Österreich sei ein komplettes Skelett eines Kamels ausgegraben worden. April, April? Irrtum.

Der Fund wurde tatsächlich gemacht - und zwar bereits 2006 bei Bauarbeiten für ein Einkaufszentrum im niederösterreichischen Tulln. Dabei wurden zum einen archäologisch wertvolle Objekte entdeckt. Unter den Objekten befand sich zum anderen aber auch ein komplettes Skelett eines großen Säugetiers, das man ursprünglich für ein Pferd oder ein großes Rind hielt, wie sich der Archäozoologe Alfred Galik von der Vetmed-Uni Vienna erinnert.

Sein fachmännischer Blick kam schnell zu einem ganz anderen Ergebnis: Aufgrund der Halswirbelsäule, des Unterkiefers und der Mittelhand- und Mittelfußknochen konnte es sich nur um das Skelett eines Vertreters der Kamelfamilie handeln.

Doch wie und wann war das Tier nach Tulln gelangt? Und um welche Art von Kamel handelte es sich genau? Diese Fragen hat Galik mit seinem Team nun nach aufwendigen Recherchen geklärt: DNA-Analysen ergaben, dass es sich bei dem Tier um ein männliches, etwa sieben Jahre altes Hybrid aus Dromedar und Trampeltier handelt.

Solche Tiere wurden als wichtige Reit- und Transporttiere im osmanischen Heer eingesetzt, weil sie genügsamer, ausdauernder und größer sind als ihre Mutter- und Vatertiere. Mit anderen Worten: Das Kamel war also im Zuge der Türkenkriege ins heutige Niederösterreich gelangt, vermutlich im Zuge der zweiten Türkenbelagerung Wiens 1683.

Neben dem Skelett des Kamels fanden die Forscher nämlich noch einen "Rechenpfennig" aus der Zeit König Ludwigs XIV., wodurch der Fund auf die Jahre 1643 bis 1715 eingegrenzt werden konnte, sowie ein Fläschchen mit Theriak (einem damaligen Allzweckheilmittel) aus der "Apotheke zur Goldenen Krone" in Wien, die in den Jahren 1628 bis 1665 existierte. Damit konnte der enträtselte Fund auch zeitlich gut zugeordnet werden. (tasch, DER STANDARD, 2.4.2015)