Asylwerber im Lager Traiskirchen. Künftig sollen die meisten von Verfahrensbeginn an in den Bundesländern bleiben.

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Wien – Die Aufnahme von Asylwerbern in Österreich müsse flexibler gestaltet werden. Statt alle Schutzsuchenden während ihres Zulassungsverfahrens in die Erstaufnahmezentren Traiskirchen und Thalham zu bringen, sei es sinnvoller, sie gleich in jenem Bundesland zu belassen, in dem sie ihren Asylantrag gestellt haben – zumal ihnen dort, sobald ihr Verfahren läuft, auch ein Grundversorgungsquartier zugewiesen werden soll.

So weit die Einigung von Bund und Ländern bei der Landeshauptleutekonferenz am 18. November vergangenen Jahres aus Anlass des jahrelangen Flüchtlingsunterbringungskonflikts. Eine Einigung, die jetzt, vor ihrer Umsetzung im Rahmen der geplanten Asyl- und Fremdenrechtsnovelle, zu Missstimmung zwischen Innen- und Finanzministerium führt.

"Mehrbedarf an Personal"

"Angesichts des beträchtlichen ausgewiesenen Mehrbedarfs an Personal" durch die ins Auge gefassten Neuerungen könne dem Gesetzesentwurf aus Finanzministeriumssicht nur zugestimmt werden, wenn das Innenministerium darlege, "dass den Mehrbedarf kreierenden Maßnahmen ein Dämpfungseffekt in anderen Aufwandssegmenten beziehungsweise Budgetbereichen gegenübersteht", heißt es in der Stellungnahme des Finanzministeriums im Begutachtungsverfahren.

Und weiter: "Eine Personalaufstockung zur bloßen Erlangung einer 'Flexibilisierung'" ohne anderweitige Budgetentlastung "müsste als reiner Selbstzweck angesehen werden", dem das Finanzministerium "nicht näher treten kann". Die offene Kritik aus dem Ressort Hans Jörg Schellings (ÖVP) stößt im – ebenfalls schwarz regierten – Innenministerium hinter vorgehaltener Hand auf einigen Unmut. Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck gibt dazu keinen Kommentar ab.

Wächter über Budgetdisziplin

Hintergrund der interministeriellen Verstimmung ist der Umstand, dass das Finanzministerium als Wächter über die Budgetdisziplin im Rahmen der sogenannten Mitbefassungsrechte ein Einspruchsrecht bei Gesetzesvorhaben hat. Auf dieses jedoch hatten sich Schellings Vorgänger vor den bisherigen, seit 2005 über zehn Asylnovellen niemals in vergleichbarer Schärfe berufen.

Diesmal jedoch schon – denn die Neuorganisation der Asylantragszulassung ist nicht gratis zu haben: Im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), das über Schutzanträge vom ersten Tag an entscheidet, müssen die Regionaldirektionen personell aufgestockt werden, in der BFA-Zentrale wird der Koordinierungsaufwand steigen. Macht laut den Erläuterungen zum Asylgesetzentwurf zusammengezählt 17 Planposten zusätzlich.

Gegenrechnungen fehlen

Diese würden zwischen 2015 und 2019 jährliche Zusatzausgaben von rund 423.000 Euro zur Folge haben. Insgesamt veranschlagt das BMI für 2015 1.150.000 Euro an Bundesausgaben im Asylbereich, für 2019 1.573.000 Euro. Zwar "vermutet" man im Innenministerium laut den Erläuterungen, dass sich die Zusatzkosten aufgrund von Einsparungen etwa bei "Transport und Personal" amortisieren könnten – doch konkrete Gegenrechnungen fehlen.

Auch befürchtet nicht nur das Finanzministerium unerwartet hohe Asylnovellenkosten. Auch der Rechtsanwaltskammertag und der NGO-Zusammenschluss Agenda Asyl sieht Zusatzausgaben für Schulungen, Dolmetscher und technische Adaptierungen in den Ländern auf das Innenministerium zukommen.

Laut einem Finanzministeriumssprecher gab es unterdessen bereits Gespräche auf Referentenebene. Das Innenministerium werde wohl "Kostendämpfungseffekte" nennen können. (Irene Brickner, DER STANDARD, 2.4.2015)