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Aberglauben hält sich hartnäckig, vor allem, wenn es um den Vollmond und einen Einfluss auf den Menschen geht - die selektive Wahrnehmung ist dafür ausschlaggebend.

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"Es ist Vollmond": Das ist ein Satz, der häufig dann ausgesprochen wird, wenn es zu hektischen Situationen kommt. Der Mond ist schuld, wenn Dinge aus dem Ruder laufen, bei Vollmond, so heißt es, kommen häufiger Kinder zur Welt. "Es gibt viele Krankenschwestern, die jede Form von Chaos immer dem Stand des Mondes zuschreiben, dabei gibt es Dutzende Studien, die belegen, dass diesem Glauben jegliche Grundlage fehlt", sagt Jean-Luc Margot, Professor für Astronomie an University of California (UCLA).

Aus neuen Studien, die Margot durchgeführt hat, geht eindeutig hervor, dass die Anzahl der Geburten oder die Neuaufnahmen im Spital in keiner Relation zum Mond stehen und das bestätigt, was Wissenschafter seit Jahrzehnten wüssten.

Glaube bestimmt Wahrnehmung

Aus der Studie geht aber auch eindeutig hervor, wie stark der Glaube an diese Beeinflussung ist, der jeder Grundlage entbehre, so Margot. Seine Studie wurde gerade im Journal Nursing Research publiziert.

Denn der Einfluss des Mondes war schon oft Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, etwa bei Autounfällen, Operationserfolgen, Krebsüberlebensraten, Menstruation, Geburten bzw. Geburtskomplikationen, Depressionen, Gewalttätigkeit oder sogar genereller krimineller Aktivität. Bereits vor 40 Jahren wurde an der UCLA mit einer Studie bewiesen, dass der Mond keinen Einfluss auf eine menschliche Geburt hat, trotzdem habe sich dieser Aberglaube gehalten.

Einzig 2004 habe eine Studie in Barcelona einen Zusammenhang zwischen dem Vollmond und den Aufnahmen im Spital festgestellt. Margot hat diese Daten noch einmal unter die Lupe genommen und konnte die Fehler in dieser Arbeit zeigen. "Der Mond ist unschuldig", sagt der Astronom.

Fakten ausklammern

Die große Frage: Warum hält sich ein Gerücht so hartnäckig, ohne dass es Beweise dafür gibt? Margot verweist auf den sogenannten "Confirmation Bias" (deutsch: Hang zur Bestätigung). Menschen tendieren dazu, Informationen nach ihren Überzeugungen und Glaubensgrundsätzen zu interpretieren. Daten und Fakten, die das Gegenteil beweisen, werden ignoriert. Selektive Wahrnehmung ist ein Fachausdruck dafür.

Wenn ein Tag also hektisch ist und gerade der Vollmond am Himmel steht, erinnern sich viele an dieses Gerücht und sehen ihren Glauben bestätigt. Hektische Zeiten an Nicht-Vollmondtagen werden nicht wahrgenommen oder vergessen - weil sie nicht in das Überzeugungsschema passen.

Die Kosten solch falscher Überzeugungen können enorm sein, sagt Margot, und verweist auf die grassierende Masernepidemie, die nur aufgrund der falsche Überzeugungen, die Masernimpfung sei nicht sicher, ausbrechen konnte.

Das kann teuer kommen

"Impfungen sind erwiesener- und geprüftermaßen eine der sichersten Maßnahmen, um Krankheiten zu vermeiden und deshalb zurecht eine der wichtigsten Errungenschaften in der Medizin. Heute sterben Menschen an Krankheiten, die vermeidbar wären, nur weil sie an Dinge glauben, die durch nichts wissenschaftlich belegbar sind", sagt Margot und fordert die Bereitschaft, sich an Evidenz basierten Fakten bei der Entscheidungsfindung zu orientieren.

Der Mond könne den Anfang machen, wenn es um das Eingestehen von eigenem Irrglauben geht, schlägt Margot vor. (red, derStandard.at, 1.4.2015)