Lausanne – Mit einem Ergebnis vor Mitternacht rechnete am Dienstagabend niemand mehr, nachdem die Sprecherin des US-Außenministeriums Marie Harf in einem Statement die Dehnbarkeit der Deadline bestätigt hatte: Es seien genügend Fortschritte erzielt worden, um eine Fortsetzung der Atomgespräche mit dem Iran auf den Mittwoch zu rechtfertigen, hieß es da. Zuvor waren aus dem Weißen Haus in Washington düstere Töne gekommen: Die USA würden nicht bis Juni warten, um das Aus zu erklären, sollte es nicht zu einer Zwischenvereinbarung kommen.

Für dieses "Rahmenabkommen" in den Atomverhandlungen zwischen den internationalen Verhandlern und dem Iran hatte man sich bei der bereits zweiten Verlängerung Ende November 2014 – die erste war im Juli – den 31. März als Frist gesetzt. Bis Ende Juni müssten die technischen Details dieses Rahmenabkommens dann ausgearbeitet werden.

Die Betrachter von außen erlebten die aktuellen Verhandlungen in Lausanne als Fahrt mit der Hochschaubahn: Einmal hieß es, der Durchbruch sei nahe, es gebe bereits eine Teilvereinbarung. Dann wieder stand ein mögliches Scheitern im Raum. Auch am Dienstagabend wurde trotz der von allen beschworenen "Fortschritte" immer wieder beteuert, wie schwer eine Lösung in gleich mehreren Fragen zu finden sei.

Noch immer blieb vorerst unklar, welche Form das Rahmenübereinkommen haben werde – eine mündliche Erklärung oder ein schriftliches Dokument mit genau festgehaltenen Details. Letzteres wollten die amerikanischen Verhandler unter der Führung von US-Außenminister John Kerry haben, um dem US-Kongress etwas vorweisen zu können, in dem die Republikaner auf neue Iran-Sanktionen drängen.

Als gutes Zeichen wurde von Beobachtern gewertet, dass der russische Außenminister Sergej Lawrow, der am Montag zu einem Termin abgereist war, am Dienstag wieder nach Lausanne zurückkehrte. Und die Außenminister Deutschlands und Frankreichs, Frank-Walter Steinmeier und Laurent Fabius sagten Termine ab, um in Lausanne bleiben zu können.

Mogherini übernimmt

Den Vorsitz an der Schmalseite des rechteckigen Verhandlungstisches führten Außenminister Mohammed Javad Zarif und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Sie überlässt die Gespräche auf diesem politischen Niveau nicht mehr ihrer Vorgängerin Catherine Ashton, die ja, um die Gespräche weiter betreuen zu können, mit einem Sondermandat ausgestattet wurde.

Wo es sich am Dienstag noch überall spießte, darüber gab es die üblichen Spekulationen. Die meisten Beobachter gingen davon aus, dass der Umfang des zukünftigen Urananreicherungsprogramms weitgehend geklärt war. Was zuletzt stets als offener kontroversieller Punkt genannt wurde, war die Frage, was der Iran wann an Zentrifugenentwicklung tun darf. Offenbar wurde eine Staffelung vorgeschlagen: zehn sehr strenge Jahre und danach fünf weniger strenge.

Auch nach Formeln der Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran und der Eliminierung von entsprechenden Uno-Sicherheitsratsresolutionen wurde weiter gesucht. Die Sanktionsaufhebung ist im Iran jenes Thema, mit dem die Hardliner, die jeden Kompromiss – und die Verhandlungen mit den USA – ablehnen, mundtot gemacht werden können. Die USA wollten auch da eine Staffelung und einen Mechanismus, bei dem die Sanktionen bei iranischen Verletzungen sofort wieder in Kraft gesetzt werden. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 1.4.2015)