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Die Ausverkaufsstimmung kommt bei manchen gar nicht gut an.

Foto: Reuters / Stefano Rellandini

In Italien entsteht der weltgrößte Internethändler für Luxusmode. Durch die Fusion des Luxusmode-Onlinehändlers Yoox mit der britischen Net-a-Porter zur "Yoox Net-a-Porter" soll ein Konzern mit 1,3 Mrd. Euro Umsatz (2014), einem operativen Ergebnis (Ebitda) von 108 Mio. Euro und zwei Millionen Kunden werden. Die Partner werden an der neuen Gesellschaft einen paritätischen Anteil von je 50 Prozent halten, doch soll das Stimmrecht der Richemont-Tochter Net-a-Porter auf 25 Prozent beschränkt werden.

Der Internet-Luxusmodehandel hat günstige Wachstumschancen. Laut dem Verband der Luxushersteller Altagamma in Mailand macht der Anteil im Netz gekauften Luxusmode acht Prozent des Branchenumsatzes aus. Mit zweistelligen Wachstumsraten wird gerechnet. Der Yoox-Deal soll im September abgeschlossen sein. Dann wird es auch zu einer Kapitalerhöhung von 200 Mill. Euro kommen, an der sich angeblich ein "renommierter Luxusmodehersteller" beteiligen werde.

Die Bildung eines neuen Super-Online-Konzerns im Modebereich ist nur einer der Deals, die das traditionelle italienische Industrieszenario durcheinanderbringen. Der Reifenhersteller Pirelli wurde an Chinesen verkauft. Der Kult-Autodesigner Pininfarina verhandelt eine Übernahme durch den indischen Mahindra-Konzern. Und der Schweizer Dufry-Konzern präsentierte soeben ein Übernahmeangebot für die von Benetton kontrollierte "World Duty Free (WDF)"-Gruppe. Warnungen vor einem Ausverkauf der italienischen Industrie werden lauter.

Krisenjahre setzten Unternehmen zu

Zweifellos haben sieben Krisenjahre den italienischen Industrieunternehmen zugesetzt. Ihre Börsenkapitalisierung ist, obwohl der Index am Mailänder Piazza Affari seit Jahresbeginn um knapp ein Viertel zulegte, vergleichsweise niedrig. Begünstigt werden die Übernahmen durch den schwachen Eurokurs. Die Chinesen kalkulieren scharf und schnell.

Die Industriepolitik werde mehr in Peking und weniger in Rom gemacht, meinte Ex-Regierungschef Romano Prodi. Denn in Italien fehle seit Jahren nicht nur eine Industriestrategie, sondern auch eine Industriekultur. Dies bremse heimische Investitionen.

Das Volumen an Übernahmen bzw. Beteiligungen an italienischen Unternehmen beläuft sich laut dem Datenanbieter Dealogic im ersten Quartal 2015 auf 24 Milliarden Euro, dreimal mehr als im Vorjahr. Dealmaker Numero Uno sind dabei die Chinesen mit Beteiligungen von geschätzt zehn Mrd. Euro (ohne Pirelli) seit 2013. "Ausländische Investitionen sind für die Gesamtwirtschaft positiv", konterte der Chef der Banca Intesa Sanpaolo, Carlo Messina, Kritik an "bösen Auslandsinvestoren". (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, 1.4.2015)