Julia Hoffmann erforscht die Gene bei der Lungenerkrankung pulmonale Hypertonie.

Foto: Andelko Hrzenjak

Das Herz und die Lunge verbindet ein ganz besonderes Band. Die beiden lebenswichtigen Organe teilen sich einen exklusiven Blutkreislauf, während alle anderen Bereiche des Körpers im sogenannten großen Blutkreislauf zusammengeschlossen sind. Das anatomische Näheverhältnis von Herz und Lunge wird Menschen mit der seltenen pulmonalen Hypertonie aber zum Verhängnis.

Julia Hoffmann vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Lungengefäßforschung in Graz untersucht die wenig verbreitete Krankheit in ihrer Postdoc-Stelle. In der Erforschung der pulmonalen Hypertonie hat die 34-jährige Biologin seit ihrer Doktorarbeit ihre wissenschaftliche Nische gefunden.

Die Krankheit beginnt harmlos, aber endet oft tödlich: Wenn der Blutdruck in der Lunge wegen enger oder verformter Gefäße steigt, wirkt sich das auf das Herz aus. Anfangs zeigt sich die Erkrankung durch Atemnot, am Ende versagt die rechte Herzkammer.

Nur ein Mensch von einer Millionen erkrankt an pulmonaler Hypertonie. Zu Beginn schieben die Betroffenen den knappen Atem auf mangelnde Ausdauer und suchen erst spät einen Arzt auf. Ihre Diagnose fällt im späteren Verlauf erschreckend aus. Bis heute fehlt eine wirksame Therapie - nur eine Spenderlunge kann den Patienten das Leben retten.

"Wir müssen weg von der Transplantation und hin zur Medikation", sagt Hoffmann. Für dieses Ziel gräbt sie sich mit ihrer Forschung tief in die molekulare Ebene der Lungengefäße.

Wie viele andere Erkrankungen beginnt die pulmonale Hypertonie in den Genen. Hoffmann entschlüsselte den Bauplan erkrankter Lungengefäße und stellte fest: Obwohl zwei Unterarten der Krankheit an der Oberfläche ähnlich aussehen, liegen ganz verschiedene genetische Ursachen vor. Und was in der DNA einen Unterschied macht, braucht auch eine gerichtete Behandlung.

Für die Studie bewältigten sie und der Bioinformatiker Jochen Wilhelm bei mehr als drei Milliarden Basenpaaren im menschlichen Genom eine riesige Datenmenge. Ein Jahr lang suchten die beiden nach genau jenen Genausprägungen, die sich in fehlerhaften Gefäßen ausdrücken. Letztlich lohnte der Aufwand: Die René-Baumgart-Stiftung in Berlin, die gegen Lungenhochdruck kämpft, bedachte das Team Mitte März mit dem Forschungspreis 2015.

Ein größerer Motivator als die internationale Anerkennung ist für Hoffmann aber die Chance, dass Patienten mit pulmonaler Hypertonie in Zukunft eine erfolgreiche Behandlung erfahren könnten. In ihrem translationalen Institut liegen Forschung und Behandlung Tür an Tür - so hat die theoretische Wissenschaft ihre praktischen Ziele direkt im Blick.

"Man sieht im Kontakt mit den Patienten, dass noch viel Forschungsbedarf da ist", sagt Hoffmann. Auch zwanzig Jahre nach der ersten Lungentransplantation lässt das Organ, das uns mit lebenswichtigem Sauerstoff versorgt, noch Fragen offen.

Mit neuen Methoden wie der Gensequenzierung und dem Einsatz von Lasern kommen die Forscher nun auch auf molekularer Ebene voran. Der Größenordnung entsprechend sieht die Biologin ihre Erkenntnisse als kleinen Beitrag. Zählt man die Schritte der internationalen Forscherteams aber zusammen, ergibt sich vielleicht bald ein Weg zur Therapie. (Marlis Stubenvoll, DER STANDARD, 1.4.2015)