Es gibt Dinge, die bis vor Kurzem unvorstellbar waren: Dass ein Copilot von Germanwings absichtlich einen Airbus gegen einen Felswand krachen lassen und 149 Personen mit in den Tod nehmen könnte. Und es gibt Gedanken dazu, die man sich auch nicht träumen hätte lassen – jene nämlich, die die feministische Linguistin Luise Pusch in der Online-Ausgabe der Emma ausbreitet. Sie schreibt, Lufthansa möge doch bitte im Cockpit eine Frauenquote einführen. Denn: Die Selbstmordquote sei bei Männern vier Mal so hoch wie bei Frauen. So könnte man das Risiko, "dass ihre Piloten das Flugzeug zu Selbstmord und vielfachem Mord missbrauchen, mit jeder Frau, die sie zur Pilotin ausbilden, ganz erheblich reduzieren".

Eingeleitet wird der Text mit dem Satz: "Amoktrips sind Männersache."

Dass Boulevardmedien sich – trotz aller Appelle – nach einer derartigen Katastrophe nicht zurückhalten, und Angehörigen von Opfern nachstellen, ist eine traurige Begleiterscheinung, die es immer wieder geben wird. Dass aber jemand ein solches Unglück ausschlachtet, um Forderungen nach einer Frauenquote Nachdruck zu verleihen – da fehlen einem die Worte. Abgesehen davon, dass die Statistik, die da kreiert wird, komplett daneben ist. In der Geschichte von Lufthansa und Germanwings hat es noch nie einen solchen Vorfall gegeben. Es ist kein Unglück, das monatlich vorkommt und aus dessen Häufigkeit sich geschlechterspezifische Schlüsse und ein Handlungsauftrag ergeben.

Ja richtig, ins Cockpit gehören mehr Frauen, sie sind dort mit sechs Prozent völlig unterrepräsentiert. Ihr Anteil muss wachsen, weil das Cockpit wie Aufsichtsräte, Parteiführungen oder der Technologiesektor keine Männerdomäne bleiben soll. Das ist ein mühsamer Weg, und er geht vielen zu langsam. Forderungen nach Frauenquoten sind ebenso alt wie berechtigt. Aber es ist an Geschmacklosigkeit nicht mehr zu überbieten, sogar angesichts einer Katastrophe, bei der tote Männer und Frauen gleichermaßen betrauert werden, eine solche Forderung zu erheben. Diese Kampagne wird auf Kosten der Opfer und ihrer Angehörigen geführt. Emma hat sich damit einen Bärendienst – pardon einen Bärinnendienst – erwiesen. (Birgit Baumann, derStandard.at, 30.3.2015)