Mit den Freisprüchen für Amanda Knox und Raffaele Sollecito ist zwar deren Prozess nach sechs Jahren endlich rechtskräftig zu Ende gegangen. Doch der Mord an der britischen Austauschstudentin Meredith Kercher in Perugia im Jahr 2007 bleibt weitgehend ungeklärt. Schuld daran sind beispiellose Fehler der Strafermittlungsbehörden und internationale Medien, die auf der Jagd nach der Krone des Boulevards buchstäblich über Leichen gehen.

Was vor allem bleibt, ist ein Imageschaden der Justiz, der lediglich durch die nunmehrige Entscheidung des italienischen Höchstgerichts, des Kassationsgerichtes im Palazzo di Giustizia in Rom, begrenzt wird. Aber sogar dieser Corte Suprema di Cassazione hat in der Causa schon einmal gegenteilig entschieden und einen Freispruch aufgehoben.

Mehr als sieben Jahre haben die Behörden verloren, um den oder die Mörder zu finden. Selbst als in einer Instanz eben bereits einmal Freisprüche verhängt worden waren, zogen zuständige Staatsanwälte nicht in Betracht, neue Ermittlungen zu starten.

Dass Angehörige des Mordopfers die Freisprüche mit Schrecken zur Kenntnis nehmen, ist keine Überraschung. Doch auch ihre Kritik richtet sich hauptsächlich gegen die Berg-und-Tal-Fahrt der Gerichtsurteile. Um das Vertrauen wiederzugewinnen, muss die italienische Justiz alles daransetzen, den Mord an Meredith Kercher aufzuklären. (Michael Simoner, DER STANDARD, 30.3.2015)