Mit veralteten Mitteln werde noch immer versucht, Antworten auf neue Herausforderungen zu geben, lautet eine wesentliche Erkenntnis der GfP-(Gesellschaft für Personalentwicklung-)Management-Agenda. Was in Großbritannien schon lange Tradition hat, wurde nun auch in Österreich erstmals durchgeführt. Gemeinsam mit dem britischen Leadership-Institut Roffey Park hat GfP in Österreich die thematisch breitgefächerte Managementbefragung durchgeführt. Mehr als 1000 Personen haben an der Befragung teilgenommen, ein Viertel davon waren Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung, gut die Hälfte Frauen.

Grundsätzlich werde Führung zwar positiv wahrgenommen - zwei Drittel bewerten die Führungskompetenzen ihres Vorgesetzten als sehr gut bzw. gut -, aber immerhin 14 Prozent bewerten diese als schlecht bzw. sehr schlecht. Und: Frauen bewerten ihren direkten Vorgesetzten grundsätzlich schlechter, als ihre männlichen Kollegen das tun. Mehr als 20 Prozent der Teilnehmer vermissen jedoch ein strukturiertes Vorgehen sowie kreative Lösungsansätze ihres Vorgesetzen in schwierigen und unsicheren Stituationen. Führungskräfte würden zwar als engagiert und zielstrebig wahrgenommen, auf neue Probleme werde aber mit alten Lösungsansätzen reagiert.

Unterstützung von außen

Von externer Expertise würde das Unternehmen, so die Umfrage, daher vor allem in den Bereichen Organisationsentwicklung/ -effektivität, Führungskräfteentwicklung sowie Prozessneugestaltung profitieren. Doch Veränderungen gehörten nicht zu den Stärken österreichischer Unternehmen. Organisationsentwicklung als Profession sei immer noch nebensächlich. Fast die Hälfte aller Unternehmen habe keine eigenständige Organisationsentwicklung, dieser Bereich werde in den meisten Fällen der Personalabteilung zugeordnet. Doch HR werde in Unternehmen nicht als Change-Berater wahrgenommen. Tatsächliches Change-Management bleibe in Österreich auf der Strecke.

Anders in Großbritannien: Während nur etwas mehr als 50 Prozent der österreichischen Personaler das Wissen über Change-Management für wichtig halten, zählt dieses Wissen gemeinsam mit dem Wissen über Führung in England zum wichtigsten Know-how (rund 75 Prozent). Dieser Unterschied schlägt sich auch in der Praxis nieder. Laut der Befragung scheiterten rund 50 Prozent aller österreichischen Changevorhaben, in England nur 37 Prozent.

Fokus aufs Kerngeschäft

HR in Österreich sieht sich immer mehr als Partner des Managements, dieser Trend wird auch in der Studie sichtbar. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass dem HR-Management nach wie vor die klassische Expertise zugeschrieben wird. Vom Management werde HR vorrangig als Dienstleister gesehen. Den Entlastungswünschen des Managements werde Folge geleistet, der Anspruch auf Mitgestaltung, so die Umfrage, sei aber nicht so stark ausgeprägt.

Generell zeigt die Studie, dass das Bild der HR nicht einheitlich gesehen wird. So werde von gleich vielen Führungskräften HR entweder reaktiv oder proaktiv beschrieben. Immerhin 60 Prozent der Führungskräfte vermissen von der HR aber einen Beitrag zum Geschäftserfolg.

Klassische Strategien

Die Personalstrategien werden eher traditionell wahrgenommen. Die Gestaltung von Rahmenbedingungen, die ein flexibles Arbeiten ermöglichen, rangiert an letzter Stelle der HR-Aufgaben. Doch gerade von Mitarbeitern ohne Führungsfunktion werde, so die Erhebung, eine zu geringe Flexibilität in der Arbeitsgestaltung häufig bemängelt.

Aber auch HR-Manager selbst haben Schwierigkeiten ihre Rolle klar zu definieren. Bekannte Aspekte wie Diversity oder Talentmanagement werden zwar als wichtige Aufgaben genannt, wie diese Aufgaben aber zu lösen sind, darüber herrscht Unklarheit. HR sei reaktiv aufgestellt und weniger ein Gestalter und Wegweiser der Zukunft, so die Studie.

Vergleich mit Großbritannien

"Persönliche Glaubwürdigkeit" gilt neben der Kenntnis des Kerngeschäfts innerhalb der österreichischen Personalentwicklung als eine der wichtigsten Kompetenzen, um erfolgreich agieren zu können. Im UK wird sie gegenteilig als eine der unwichtigsten erachtet. In Großbritannien ist HR strukturell besser verankert, das zeigt sich vor allem in der stärkeren Einbindung in Change-Management und Organisationsentwicklung, aber auch in der Bewertung der wichtigsten Kompetenzen. Die Kenntnis des Kerngeschäfts liegt auch in Großbritannien an erster Stelle, gefolgt von der Fertigkeit, Entscheidungsträger beeinflussen zu können, und der Fähigkeit zum kulturellen Wandel.

44 Prozent der österreichischen Befragten sehen den Aufbau leistungsfähiger Teams als schwierigste Herausforderung für Führungskräfte. Nur zehn Prozent der britischen Manager sehen dies genauso, herausfordernder sei für sie das Change-Management. (Gudrun Ostermann, DER STANDARD, 28./29.3.2015)