Bild nicht mehr verfügbar.

Rieke wurde von Mutter Djasinga verstoßen, nun ist Monkey World das neue Zuhause für den Orang-Utan.

Foto: Reuters/Bensch

Die südenglische Grafschaft Dorset hat allerlei Sehenswürdigkeiten vorzuweisen. Da wäre die 150 Kilometer lange Jura-Küste, ein Weltnaturerbe der Unesco. Wenige Kilometer landeinwärts gibt es ein Panzermuseum - und auf 25 Hektar Hügelland eben auch Monkey World. 1987 baute der mittlerweile verstorbene Jim Cronin einen verlassenen Schweinestall zum ersten Affenhaus um und fing an, vernachlässigte Primaten aufzunehmen. Heutzutage genießt das Zentrum weltweit Anerkennung. Seit einigen Jahren fungiert Monkey World mit seinen beiden Gehegen für 18 Orang-Utans auch ganz offiziell als Europas Waisenhaus für die vom Aussterben bedrohte Art.

Als das junge Weibchen Djasinga Anfang Jänner im Berliner Zoo ihr erstes Baby zur Welt brachte, anschließend aber jeden Kontakt vermied, stand daher schnell fest: Der auf den Namen Rieke getaufte Orang-Utan würde in England aufwachsen. Ende Februar erfolgte bereits der Umzug.

Die Kindheit der Orang-Utans ("Waldmenschen") dauert beinahe so lang wie bei Menschen: Nach der Geburt stillen die Weibchen die Jungtiere oft bis zum fünften Lebensjahr, die Fortpflanzung beginnt meist erst nach zwölf Jahren. Viele Weibchen bringen lediglich zwei oder drei Junge zur Welt.

Vom Aussterben bedroht

Letzten Zählungen zufolge gibt es auf der indonesischen Insel Sumatra rund 7000 Orang-Utans, auf der weiter östlich gelegenen Insel Borneo finden sich etwa 55.000 nahe Verwandte. Auf Sumatra gelten die Orang-Utans derzeit als "vom Aussterben" bedroht, für Borneo werden die Verwandten als "stark gefährdet" eingestuft. Die Arbeit in Monkey World kann also nicht überbewertet werden.

Umso erfreulicher ist, dass Rieke sich in Monkey World gut entwickelt - und so viel frisst, dass sie auf Diät gesetzt wurde. "Sie ist ein bisschen gierig", sagt Alison Cronin, Leiterin der Monkey World.

Hoffen auf eine Adoptivmutter

Geduld ist hingegen in anderer Hinsicht gefragt - nämlich in Sachen Adoptivmutter. Die Hoffnungen richten sich auf Hsiao-Quai: Das Weibchen wurde vor einigen Jahren in Taiwan in einem Erlebnispark beschlagnahmt und mangels Alternative vor Ort nach England geschickt. Mittlerweile hat sie zwei eigene Kinder groß gezogen und einen Pflegesohn angenommen. Dessen Stillzeit geht nun zur Neige, da würde ein Baby wie Rieke gut passen. "Für uns würde ein Traum in Erfüllung gehen", sagt Cronin.

So oder so, Rieke ist wie in ihrer Geburtsstadt auch in Dorset bereits ein Star, ihr Konterfei grüßt von der Titelseite des örtlichen Anzeigenblattes. Aber erst in einigen Wochen, wenn notwendige Umbauten am Gebäude abgeschlossen sind, werden die Besucher von Monkey World den neuen Star bewundern können. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 26.3.2015)