Am 26. März 2015 wäre der Wiener Holocaust-Überlebende, Arzt und Philosoph Viktor Emil Frankl 110 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass eröffnete in Wien das erste Museum weltweit, das sich seinem Leben und Schaffen widmet

Das Museum, betrieben vom größtenteils spendenfinanzierten Viktor-Frankl-Zentrum Wien, befindet sich in der Mariannengasse 1, zwischen dem Alten und Neuen AKH. Hier lebte Frankl bis zu seinem Tod im Jahr 1997.

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Viktor Frankl gilt als Vertreter der Höhenpsychologie, die - anders als Freuds Tiefenpsychologie - die oberen Bereiche des menschlichen Bewusstseins erforscht. Also das Streben nach Sinn und einem erfüllten Dasein. Die "Höhe" nahm Frank durchaus wörtlich - trotz oder gerade wegen seiner Höhenangst war er begeisterter Kletterer und vollbrachte es, sein Ich (den inneren Schweinehund und die Angst) zu überwinden.

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Frankl führte bereits als 18-Jähriger eine Briefkorrespondenz mit Sigmund Freud, der damals in seinen 70ern war. Er bewunderte Freuds Werk, später dann auch Alfred Adlers Individualpsychologie, gründete schlussendlich aber seine "dritte Schule" der Wiener Psychotherapie: die Logotherapie.

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Im Zentrum von Frankls Schaffen wie auch der Ausstellung steht die Frage nach dem Umgang mit persönlichem Leid. "Ich bin nicht frei von meinen Lebensbedingungen, sondern frei, dazu Stellung zu nehmen", lautete sein Credo. Er hatte den Holocaust überlebt.

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Freiheit und Verantwortung sind zwei Seiten derselben Medaille, so Frankl. Erst die Fähigkeit, eigenständige Entscheidungen zu treffen, verleiht dem Menschen seine Würde.

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Frankl, der aus einer jüdischen Familie stammt, musste sich entscheiden, ob er vor dem Zweiten Weltkrieg in die USA auswandern sollte (um sein "geistiges Kind", seine damals schon populäre Therapie, weiter zu verbreiten) oder seinen Eltern in Österreich beistehen wollte. Er entschied sich für Letzteres.

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Obwohl er in den Jahren danach fast seine gesamte Familie im KZ verloren hatte, bewahrte er stets seine optimistische und lebensbejahende Einstellung: "Es gibt keine Situation, die der Mensch nicht gestalten könnte, sei es durch Verändern oder durch das tapfere Ertragen des Unabänderlichen."

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Der Mensch findet auf drei Wegen zu seinem erfüllten Leben, so Frankls Theorie: als Schaffender, Liebender oder auf unabänderliches Leid sich geistig einstellen Könnender.

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Die Ausstellung wirft auch heute noch aktuelle Fragen auf, etwa nach dem Sinn von Leid, Liebe und dem Leben - Frankls Antworten werden präsentiert.

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Besonders schön: Auf die Frage "Ist mit dem Tod alles verloren?" antwortete Frankl: "In der Vergangenheit ist nichts unwiederbringlich verloren, sondern alles unverlierbar geborgen."

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Weil sich auch viele inländische und internationale Schulen sehr für Frankls Werk interessieren, wurde großer Wert auf leichte Zugänglichkeit gelegt. Viele Schaustücke sind haptisch ergreif- oder interaktiv erfahrbar. Zudem steht eine Bibliothek und Mediathek zur Verfügung

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Das Museum hat montags, mittwochs und sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Ein Besuch der nur 85 Quadretmeter großen, aber inhaltlich tiefgehenden Ausstellung lohnt sich - sowohl für Frankl-Neulinge als auch für all jene, die tiefer in sein Werk eintauchen möchten. (Florian Bayer, derStandard.at, 26.3.2015)

Links:

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Viktor-Frankl-Zentrum

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