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"Schlaflos. Das Bett in Geschichte und Gegenwartskunst", Ausstellung im 21er-Haus bis 7. Juni. Johann Baptist Reiter, Schlummernde Frau, 1849, Öl auf Leinwand, Belvedere, Wien.

Foto: Belvedere, Wien

Warwick/Tempe/Worcester – Müdigkeit, schlechte Konzentration und ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Wer dauerhaft zu wenig schläft, schadet seiner Gesundheit. Aber auch zu viel Bettruhe könnte negative Folgen haben, vermuten nun Forscher. Die magische Acht-Stunden-Regel für einen guten Tag nach einer durchschlafenen Nacht könnte damit fallen.

Franco Cappuccio, Professor für kardiovaskuläre Medizin und Epidemiologie an der University of Warwick, analysierte die Daten von mehr als einer Millionen Menschen, die über einen längeren Zeitraum ihr Schlafverhalten und ihr Befinden schriftlich aufgezeichnet hatten. Dazu teilte er sie zunächst in drei Gruppen: die Gruppe der Kurzschläfer, die weniger als sechs Stunden schläft; die Gruppe der Langschläfer mit mehr als acht Stunden Schlaf pro Nacht; und die Gruppe dazwischen, die zwischen sechs und acht Stunden täglich ruht.

Höhere Sterblichkeit bei Langschläfern

Die Ergebnisse fielen für die Randgruppen deutlich negativ aus: Die Zahl der Todesfälle unter den Kurzschläfern überstieg die der mittleren Gruppe um zwölf Prozent. Noch schlechter erging es den Langschläfern: Ihre Sterblichkeit lag 30 Prozent über der Rate der Durchschnittsgruppe. Langer Schlaf schlägt sich damit in der Sterblichkeitsrate ähnlich nieder wie regelmäßiger erhöhter Alkoholkonsum.

Ist zu viel Schlaf nun tatsächlich ungesünder als zu wenig? Cappuccio vermutet, dass die Dauer des Schlafs nicht die Ursache, sondern ein Symptom des eigentlichen Problems ist. Eine noch nicht entdeckte physische oder psychische Krankheit äußert sich manchmal in erhöhtem Ruhebedürfnis. So könnten die Probanden der Studie beispielsweise unter Depressionen gelitten haben.

Liegen bleiben für die Wissenschaft

Andere Forscher schreiben dem übermäßigen Schlaf selbst eine negative Wirkung zu. Shawn Youngstedt von der Arizona State University erforschte die medizinischen Risiken für Langschläfer in einer ersten Vorstudie. 14 junge Erwachsene verbrachten drei Wochen lang zwei Stunden länger im Bett als sonst. Daraufhin befragte er sie nach den Veränderungen: Depressive Verstimmungen, häufigere Entzündungen, Schmerzen und Verspannungen im Rückenbereich plagten die Probanden.

Repräsentative Studien zu den negativen Auswirkungen von ausgiebiger Nachtruhe fehlen noch. Auch breitangelegte Forschungen wie die von Franco Cappuccio stehen vor einem Problem: Menschen wissen selten, wie lange und wie gut sie wirklich geschlafen haben. Tatsächlich überschätzen Befragte die Dauer und Qualität ihrer Ruhezeiten tendenziell.

Sieben statt acht Stunden

Eines stellt sich in der Schlafforschung dennoch heraus: Die Zahl, die den Wissenschaftern immer wieder begegnet, ist nicht die Acht: Der Median der Schlafdauer liege weltweit bei etwa sieben Stunden, sagt Schlafforscher Gregg Jacobs vom Sleep Disorders Center der University of Massachusetts Medical School im BBC-Interview. Er vermutet darin eine natürliche Konstante, die im Durchschnitt das richtige Ausmaß an Erholung liefert.

Aufstehen oder sich nochmals umdrehen? Diese Frage wird die medizinische Forschung auch weiterhin beschäftigen. Ob der Durchschnitt von sieben Stunden Schlaf am Tag auch das Optimum darstellt, wird sich noch zeigen. (red, derStandard.at, 26.3.2015)