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Teresa Rodríguez, eine 33-jährige Lehrerin, ist die große Gewinnerin der Regionalwahl in Andalusien.

Foto: REUTERS/Jon Nazca

"Ja, man kann!", skandierten die Menschen im Theater Salvador Távora den Schlachtruf der Anti-Austeritäts-Partei Podemos ("Wir können"), als Spitzenkandidatin Teresa Rodríguez am Sonntag nach 22 Uhr den Saal betrat. Die 33-jährige Lehrerin ist die unumstrittene Siegerin der Regionalwahlen im südspanischen Andalusien. 15 der 109 Sitze (14,8 Prozent) im Autonomieparlament holte die vor etwas mehr als einem Jahr entstandene Formation des Politikprofessors Pablo Iglesias. 600.000 Andalusier schenkten Podemos das Vertrauen, dreimal so viel wie bei den EU-Wahlen 2014, als die Partei zuerst von sich reden machte. Podemos zieht erstmals in die Volksvertretung ein.

Mit der konservativen Ciudadanos (Bürger), die bisher nur im nordostspanischen Katalonien agierte, sitzt künftig mit neun Sitzen (9,4 Prozent) eine weitere neue Kraft in Sevillas Parlament.

Starke Verluste für Konservative

Alle drei bisher schon im Parlament der bevölkerungsreichsten Region Spaniens vertretenen Parteien fuhren Verluste ein. Am schlimmsten traf es den in Madrid regierenden konservativen Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy. Er verlor eine halbe Million Stimmen und liegt bei 26,7 Prozent: 14 Prozentpunkte weniger als 2012. Die Wähler straften die Konservativen für die Sparpolitik ab. Künftig werden sie mit 33 statt mit 50 Abgeordnete vertreten sein – das schlechteste Ergebnis der letzten 25 Jahre.

Die postkommunistische Vereinigte Linke (IU) verlor die Hälfte ihrer Abgeordneten – ein Aderlass Richtung Podemos. IU war zuletzt in der Koalition mit den Sozialisten unter Susana Díaz. Sie kam glimpflich davon. Sie hatte den Urnengang vorgezogen, und die Rechnung ging einigermaßen auf: 35,4 statt bisher 39,6 Prozent bei gleicher Mandatszahl von 47.

Díaz fehlen nur acht Abgeordnete zur absoluten Mehrheit. Da die Sozialistin einen Pakt mit PP oder Podemos ausschloss, wird sie wohl auf Ciudadanos zugehen. Diese wurde vom Medienimperium PRISA (Zeitung El País, Radiosender Cadena Ser) gepuscht, um für die Sozialisten einen Koalitionspartner zu schaffen.

Großparteien in der Krise

"Die politische Landschaft in Andalusien und Spanien hat sich verändert. Das ist keine Einzelaufnahme, es ist nur eine Szene des Wandels", analysierte Teresa Rodríguez von Podemos das Wahlergebnis. Das Zweiparteiensystem steckt seit den EU-Wahlen in einer tiefen Krise und scheint sich nicht zu erholen. Trotz des guten Ergebnisses kam bei der Wahlparty keine überschwängliche Feierlaune auf, denn Podemos hatte auf mehr gehofft, um mit viel Schwung in das Superwahljahr 2015 zu gehen.

Ende Mai werden spanienweit Gemeinderatswahlen abgehalten; in 13 weiteren Autonomien außerdem Regionalwahlen; und Ende des Jahres stehen Parlamentswahlen an. Es sieht alles danach aus, als könnte der PP von Premier Rajoy flächendeckend Rathäuser, Regionalregierungen sowie die Mehrheit im Parlament verlieren.

Für Podemos beginnt nun die tägliche Parlamentsarbeit, um zu beweisen, dass man mehr kann, als protestieren. "Wahrscheinlich können wir nicht verhindern, dass auch morgen 45 Familien in Andalusien zwangsgeräumt werden, aber es wird nie wieder geheime Absprachen geben", erklärte Rodríguez und versprach Gesetzesinitiativen gegen diese Zwangsräumungen sowie für eine garantierte Grundversorgung mit Strom und Wasser für Arme. (Reiner Wandler aus Sevilla, DER STANDARD, 24.3.2015)