Der Astronaut Mark Kelly (links) bleibt auf der Erde, sein Zwillingsbruder Scott fliegt am 27. März zur Internationalen Raumstation ISS.

Foto: Robert Markowitz/NASA

Washington - Eine einzigartige Zwillingsstudie soll die Menschheit der Erkundung des Planeten Mars ein Stück näher bringen. Eine der zentralen Figuren ist der US-Astronaut Scott Kelly - die andere sein eineiiger Zwillingsbruder Mark. Während Scott ein ganzes Jahr auf der Internationalen Raumstation ISS leben soll, bleibt Mark auf der Erde - als idealer Vergleichsproband.

Am 27. März soll Scott Kelly zusammen mit zwei weiteren Astronauten vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan zur ISS starten. Zwei der Männer an Bord, Kelly und der russische Kosmonaut Michail Kornijenko, sollen ein ganzes Jahr auf der ISS verbringen.

Scotts Zwillingsbruder Mark, früher selbst Astronaut, soll währenddessen auf der Erde dazu beitragen, dass die Mission ihr Ziel erreicht, das lautet: Erkenntnisse gewinnen, wie sich lange Weltraumreisen auf den menschlichen Organismus auswirken. Sie könnten etwa als Datengrundlage für die Simulation eines Marsfluges dienen.

Grundlagenwissen erweitern

Mit ihrem nahezu identischen Erbgut liefern Scott und Mark der Raumfahrtagentur NASA eine einmalige Chance: Weil es zwischen ihnen weit weniger Variablen gibt als zwischen zwei zufällig ausgewählten Männern, lasse sich aus Unterschieden in den Daten weitaus besser auf Effekte des Lebens im All schließen. Die gewonnen Erkenntnisse könnten wichtiges Grundlagenwissen liefern. "Was wir hier lernen, ist etwas anekdotisch, aber es wird uns ein Gefühl dafür vermitteln, welche Bereiche wir genauer erforschen müssen", sagte Scott Kelly.

Neben allgemeinen Analysen sind spezielle Untersuchungen geplant, die exakt auf die 51 Jahre alten Brüder zugeschnitten sind. Abgezielt wird vor allem auf die Belastungen, denen der menschliche Körper bei Reisen im Weltraum ausgesetzt ist - höhere Dosen kosmischer Strahlung zum Beispiel, Muskel- und Knochenschwund, ein geschwächtes Immunsystem. Auch Probleme mit den Augen könnten sich entwickeln.

Vierte Allmission

Untersucht werden zudem die Folgen für das Erbgut: Wird Scotts DNA stärker altern als die seines Bruders? Gibt es mehr Veränderungen, die zu Krebs führen könnten? Ein weiterer Aspekt ist, wie die unterschiedliche Nahrung und mögliche Stressfaktoren auf die Bakterien im Verdauungstrakt wirken. Die Wirkung einer Impfung auf das Immunsystem der Zwillinge soll verglichen, die Folgen erhöhten Schädelinnendrucks auf das Gehirn und vor allem das Sehvermögen untersucht werden. Auch Wahrnehmung und logisches Denken der Brüder sollen bewertet werden.

Für Scott Kelly wird es der vierte Ausflug ins All sein - keiner seiner drei Trips zuvor allerdings dauerte länger als sechs Monate. Die längste Zeit im Weltraum verbrachte bisher der Kosmonaut Waleri Poljakow auf der Raumstation "Mir": Er blieb von Jänner 1994 an für 437 Tage dort. Damals hatten russische Forscher die Auswirkungen eines langen Aufenthalts im All untersucht. Die Zwillingsstudie soll ihre Erkenntnisse nun mit neueren Forschungsmethoden erweitern. (APA, 23.3.2015)