Der Ort der Regierungsklausur: Hier will Rot-Schwarz am Dienstag erörtern, wie die Wirtschaft belebt werden kann.

Foto: Matthias Cremer

Am Montag wurden vor allem Fahrpläne festgelegt – für die Umsetzung der Steuerreform, aber auch für mögliche Änderungen im Pensionssystem und Einsparungen in der Verwaltung.

Foto: STANDARD/Cremer

ÖVP und SPÖ sind jedoch weiter uneins, wie dringlich Maßnahmen im Pensionssystem sind.

Foto: Cremer

Montagfrüh: kurzer Protest via Transparent im Weingarten gegenüber dem Tagungshotel.

Foto: Cremer

Polizisten beobachten die Lage ...

Foto: Cremer

... und schreiten ein.

Foto: Cremer

Krems – Fest steht nur das Datum: Am 29. Februar 2016 (diesen Tag gibt es wirklich, da 2016 ein Schaltjahr ist, Anm.) wollen SPÖ und ÖVP entscheiden, ob weitere Maßnahmen im Pensionssystem nötig sind. Darauf verständigten sich die Regierungsparteien am Montag bei ihrer Klausur in Krems.

Viel weiter geht der Konsens aber nicht. Noch ist man sich nicht einmal einig, wie groß der Druck ist. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) stellte unmissverständlich fest: "Wir sind im Pfad." Nur wenn das aktuelle Jahr schlechter als erwartet laufe, sehe er Handlungsbedarf. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) rechnete hingegen mit Mehrkosten für die Pensionen von 3,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2019. Er wolle daher bereits jetzt mit der Vorbereitung möglicher Maßnahmen beginnen. "Wir wollen den Kreis des ewigen Verschiebens nicht mehr mitmachen."

Neue Arbeitsgruppe

Mit dem öffentlichen Streiten soll es aber vorerst vorbei sein. Die Debatte wird in eine Arbeitsgruppe ausgelagert – bestehend aus Kanzleramt, Vizekanzleramt, Finanz- und Sozialminsterium. Helfen soll dabei ein Pensionsmonitoring, das im Sommer gesetzlich verankert werden soll.

Interpretationsspielraum wird es freilich auch danach geben. Im Regierungsprogramm hat man sich lediglich verständigt, dass das faktische Pensionsantrittsalter während der Legislaturperiode von 58,4 auf 60,1 Jahre steigen solle. Zwischenschritte wurden aber keine niedergeschrieben.

Teilpension kommt

Ein Punkt beim Pensionsthema konnte am Montag bereits offiziell erledigt werden. Bei der neuen Teilpension ist man sich einig. Wie berichtet, wird es künftig ab 62 möglich sein, seine Arbeitszeit in Absprache mit dem Arbeitgeber zu reduzieren (auf 40 bis 60 Prozent) und einen Teil der Pension bereits vorzeitig zu beziehen. Zur Belohnung gibt es eine Art Bonus. Geht man auf 50 Prozent hinunter, wird das Gehalt auf 75 Prozent aufgefettet. Die den Arbeitgebern dabei entstehenden Kosten werden vom Staat übernommen.

Keine Einigkeit gibt es bei einer anderen Maßnahme: dem von der Regierung geplanten Bonus-Malus-System zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer. Mitterlehner forderte Hundstorfer unverhohlen auf, Einigkeit mit den Sozialpartnern herzustellen. Genau diese gibt es aber nicht. Die Wirtschaftskammer wehrt sich nach allen Kräften, eine Verhandlungsrunde unmittelbar vor der Regierungsklausur ist gescheitert. Aus ÖVP-Kreisen heißt es dazu: Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl habe mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer und der Einführung der Registrierkassenpflicht schon zu viel schlucken müssen, beim Bonus-Malus-System schalte er jetzt auf hart.

Fertiges Konzept

Hundstorfer hat jedenfalls bereits ein fertiges Konzept in der Schublade. Die Eckpunkte laut Informationen des STANDARD: Die Beschäftigungsquote der über 55-jährigen Mitarbeiter soll in einem ersten Schritt von derzeit 10,5 auf 14 Prozent steigen. Damit müssten 90.000 Ältere zusätzlich in Beschäftigung gebracht werden, wobei man davon ausgeht, dass 50.000 durch bereits eingeleitete Maßnahmen erreichbar seien.

Da es branchenweise derzeit sehr unterschiedliche Beschäftigungsquoten gibt, sollen die Unternehmen in drei Gruppen eingeteilt werden. Demnach soll es für 2016 Zielwerte von 7,5, 12,5 und 15 Prozent geben. Für jeden Mitarbeiter unter der Quote würden 100 Euro anfallen. Allerdings: De facto wäre das Modell für die Dienstgeber kostenneutral, weil gleichzeitig die bestehende Auflösungsabgabe abgeschafft würde.

Als weiteres Zuckerl wurde der Wirtschaftskammer eine Senkung der Lohnnebenkosten (konkret beim Familienlastenausgleichsfonds) in Aussicht gestellt, sollte sie doch noch dem Bonus/Malus zustimmen. Der Haken an der Geschichte: Die Senkung käme frühestens 2018.

Verwaltung: Einsparungen noch nicht geklärt

Einsparen will die Regierung bei der Verwaltung: Nächstes Jahr sollen die Verwaltungsausgaben nicht mehr um 2,7 Prozent, sondern nur noch um 1,7 Prozent steigen. Wie das erreicht werden soll, muss erst geklärt werden.

Fix ist nur, dass die Einsparungen auf jedes Ressort, jedes Bundesland, jede Gemeinde und jeden Fonds heruntergerechnet werden. Jede Körperschaft entscheidet dann selbst, wo sie bei Personal und Sachausgaben den Rotstift ansetzt, um das Sparziel zu erreichen. Als Beispiele für Einsparungsmaßnahmen nennt Schelling "Versetzungen, Zusammenlegungen, Gehaltsverhandlungen". Auch bei den Förderungen soll es keinen Masterplan, sondern nur eine "gemeinsame Linie" geben: "Jeder Bereich soll Vorschläge für Einfrierungen machen", so Schelling. Damit es "am Ende kein böses Erwachen gibt", werde man eine Monitoringstelle einrichten, welche die Einhaltung der vorgeschlagenen Maßnahmen überwacht.

Mikl-Leitner für späteren Frauenpensionsantritt

Keinerlei Annäherung gibt es beim Thema Frauenpensionsalter. Innenministerin und ÖVP-Arbeitnehmerbund-Chefin Johanna Mikl-Leitner kann sich das unter gewissen Bedingungen vorstellen: Konkret fordert Mikl-Leitner vier Jahre Pensionsanrechnung pro Kind. "Das ist von vielen Frauen gewünscht", glaubt die Ministerin: Schließlich würden sie dann höhere Pensionen kassieren und "im Job stärker gefördert" werden.

Derzeit ist vorgesehen, dass das Frauenpensionsalter ab 2024 schrittweise angehoben wird. Mikl-Leitner kann sich einen früheren Start vorstellen. Das Antrittsalter solle demnach "pro Jahr um einige Monate" steigen. Auch Familienministerin Sophie Karmasin sprach sich zuvor für ein vorzeitiges Anheben des Frauenpensionsalters aus. Ebenso hatte Finanzminister Hans Jörg Schelling am Samstag im Ö1-Gespräch dahingehende Reformen begrüßt. Die SPÖ lehnt ein früheres Anheben hingegen ab.

ÖVP-Chef Mitterlehner meinte dazu am Montag, man solle "auch dieses Thema so bald wie möglich behandeln", räumte aber ein, dass die Frauenpensionen nicht im Regierungsprogramm stehen, und bemerkte mit Seitenblick auf die roten Regierungsvertreter auf dem Podium: "Ich weiß auch nicht, wie sich die andere Seite von der Einstellung her entwickeln wird."

Staatsschutzreform "knapp vorm Abschluss"

Weitere Themen der Innenministerin auf der Regierungsklausur: ein "Lagebild des Jihadismus" und "notwendige Maßnahmen" in puncto Terrorismusprävention. Diese sollten schon "in den nächsten Monaten" beschlossen werden, sagt Mikl-Leitner. Unter anderem geplant: eine Reform des Staatsschutzes, welche laut Innenministerin "knapp vorm Abschluss" stehe.

Wirtschaft, Bildung, Sicherheit am Dienstag

Die Bundesregierung tagt noch bis Dienstagnachmittag in Krems. Standen am Montag die Themen Steuerreform, Pensionen und Verwaltung am Programm, wird es am Dienstag um Bildung, Arbeitsmarkt beziehungsweise Wirtschaftsbelebung und Sicherheit gehen.

Montagvormittag wurden die Regierungsmitglieder von unbekannten Aktivisten mit einem Transparent begrüßt: Auf einem Weinberg gegenüber des Tagungshotels (siehe Bilder links) war von einem "Verbrechensnetzwerk" die Rede, dem auch Justizminister Wolfgang Brandstetter angehöre. Das Transparent wurde umgehend von der Polizei entfernt. (Michael Völker, Günther Oswald, Maria Sterkl, derStandard.at, 23.3.2015)