In Österreich ist es aufgrund der rechtlichen Auflagen schwierig, kleine Beträge von vielen Investoren zu sammeln. Im Vorjahr wurden daher nur vier Millionen Euro mittels Crowdfunding investiert.

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Wien – Was haben ein Nachhilfeprojekt, ein Solarkraftwerk und steirische iPad-Hüllen aus Holz gemeinsam? Sie wurden nicht von einem einzelnen Investor, sondern von einer großen Gruppe, einer Crowd, finanziert. Derzeit fehlt es freilich in Österreich an einem Rechtsrahmen für Crowdfunding, die Projektfinanzierung durch (relativ) kleine Beträge durch eine (relativ) große Anzahl von Investoren. Crowdfunding muss sich daher in das allgemeine Kapitalmarktaufsichtsregime einfügen.

Trotz des großen Interesses von Anlegern und Kapitalsuchenden steht in der Regierungserklärung nicht mehr als die programmatische Erklärung, einen attraktiveren Rechtsrahmen dafür vorzusehen. Nun hat die Regierung eine Umsetzung in Aussicht gestellt. Und das ist bitter nötig: Wegen der prohibitiven Rechtslage wurden 2014 lediglich rund vier Millionen Euro in Österreich mittels Crowdfunding investiert. Doch in welchem Bereich sind derzeit die Änderungen überhaupt nötig, europarechtlich zulässig und sinnvoll?

Im österreichischen Aufsichtsrecht gibt es vor allem zwei Kernprobleme, die Crowdfunding entgegenstehen. Einerseits gilt die Entgegennahme von Geld zur Verwaltung oder als Einlage als bankkonzessionspflichtiges Geschäft. Dies führt dazu, dass Unternehmen, die sich von ihren Freunden, Kunden oder Mitarbeitern Geld ausborgen, um etwa Maschinen zu kaufen, eine Bankkonzession brauchen – die FMA hat hier mit dem Waldviertler Schuherzeuger Heini Staudinger ein Exempel statuiert. Da viele Menschen aber besonders motiviert sind, ihnen persönlich bekannten Unternehmen Geld zu leihen, gäbe es hier Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung, die die Banken entlasten und es Unternehmen ermöglichen, ihre Kunden enger an sich zu binden.

Konzessionspflicht

So könnte der Gesetzgeber vorschreiben, dass ein bankkonzessionspflichtiges Geschäft nur dann vorliegt, wenn das vereinnahmte Geld in der Absicht entgegengenommen wird, um Bankgeschäfte zu betreiben und nicht lediglich andere (operative) Tätigkeiten zu finanzieren. Konsumentenschützer sorgen sich zu Recht, dass viele Kleinanleger ihr gesamtes Erspartes einem charismatischen Firmenchef in den Rachen werfen und, wie z. B. in den 2000er-Jahren in Kärnten geschehen, alles verlieren. Um dieses Risiko zu begrenzen, könnte der angelegte Betrag pro Investor und pro Projekt gedeckelt werden. Wird gleichzeitig eine Kontrolle durch qualifizierte Berufsgruppen wie etwa Wirtschaftsprüfer vorgesehen, so sind auch die europarechtlichen Voraussetzungen gedeckt.

Andererseits ist für die Ausgabe bestimmter Finanzierungsinstrumente, die im Rahmen des Crowdfunding eingesetzt werden, ab einem Volumen von 250.000 Euro ein gebilligter Prospekt zu erstellen, der umfangreiche Informationen über das Produkt enthält. Dafür braucht ein Unternehmen externe Hilfe, wodurch die Kosten schnell explodieren können und Projekte mit nur geringem Volumen, etwa die Entwicklung einer App, nicht realisiert werden können. Der Gesetzgeber hätte hier einen weiten Spielraum an Möglichkeiten: Nach EU-Grundlagen können Projekte bis zu einer Gesamtveranlagungssumme von fünf Millionen Euro ohne Prospekt gestartet werden.

Blatt statt Prospekt

Es wäre daher naheliegend, die in Österreich vorgesehene Grenze zu erhöhen. Bei Projekten, die zwischen einer erhöhten Grenze und einem Volumen von fünf Millionen Euro liegen, könnte statt eines Prospekts ein vereinfachtes Informationsblatt, das sich am bisherigen Prospekt orientiert, vorgesehen werden. Dabei sollten die aufzunehmenden Punkte, die besonders kostenintensiv sind – wie etwa die bisher notwendigen Angaben über die zukünftige Wertentwicklung -, entfallen; ausreichende Informationen für die Anleger wären aber durch die anderen Angaben weiterhin gegeben.

Um aber zu vermeiden, dass dadurch bei Platzhirschen am Markt mit einem besonders hohen Volumen an verwalteten Geldern intransparente Strukturen entstehen, könnte bei Unternehmen, die sich ausschließlich riskanterer Finanzierungsformen bedienen, ab einem bestimmten Volumen innerhalb eines bestimmten Durchrechnungszeitraumes ein Prospekt vorgeschrieben werden. Ein erfolgreiches Unternehmen sollte das Erstellen ohnehin problemlos finanzieren können.

Deutschland arbeitet gerade an einem praktikablen Crowdfunding-Regime, das für ein innovatives Wirtschaftsklima notwendig ist. Wenn sich die Bundesregierung mit den Sozialpartnern nicht bald zu einer gleichermaßen konsumenten- und unternehmensfreundlichen Regelung durchringt, droht diese moderne Finanzierungsmethode im Keim erstickt zu werden. (Ernst Brandl, Raphael Toman, DER STANDARD, 23.3.2015)