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Jean-Claude Juncker weist Athen daraufhin, dass in EU-Fonds zwei Milliarden Euro warten. Das Foto stammt vom vergangenen Freitag.

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Eine griechische Fahne weht vor dem Parlament in Athen. Geht es nach der Eurogruppe, soll es jetzt "schnell gehen".

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Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann fordert von Griechenland "Nägel mit Köpfen".

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Athen/Brüssel – Griechenland kann im Kampf gegen die soziale Not im Land auf Milliarden-Hilfen der Europäischen Union (EU) zugreifen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte am Freitag in Brüssel, dafür stünden zwei Milliarden Euro bereit. Die Gelder sollen aus der besseren Ausnutzung des EU-Strukturfonds und anderen EU-Quellen stammen und könnten für Projekte zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, zur Unterstützung der Armen und auch für Vorhaben fließen, mit denen die Konjunktur angekurbelt werden könne.

Die Brüsseler Behörde hat demnach einen Stab zusammengestellt, um das klamme Ägäis-Land bei der Verwendung der Gelder zu beraten. Damit wolle Europa den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras unterstützen, die soziale Not im Land zu lindern. Tsipras spricht selbst von einer "humanitären Krise", die durch die jahrelange Rezession entstanden sei.

Reformliste und Geld

Die griechische Regierung rechnet indessen mit der Auszahlung dringend benötigter Hilfsgelder aus dem umstrittenen Troika-Programm, sobald sie den Euro-Partnern eine detaillierte Reformliste vorgelegt hat. Wenn die Aufstellung an die Eurogruppe übermittelt worden sei, würden die Mittel für die griechische Wirtschaft freigegeben, sagte Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis heute, Freitag, in Athen.

Darüber sei bei einem nächtlichen Spitzengespräch in Brüssel diskutiert worden. Dagegen hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt, dass EU-Kommission, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäische Zentralbank (EZB) die Reformliste zunächst überprüfen würden, bevor eine Auszahlung aus dem bestehenden Rettungsprogramm möglich sei. Merkel verhandelte mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras, weiteren EU-Spitzenpolitikern und EZB-Chef Mario Draghi drei Stunden lang.

IWF hat Geld bekommen

Das griechische Finanzministerium erklärte, man werde mit den Experten der Gläubiger in Athen konstruktiv zusammenarbeiten, um deren Anforderungen an die Reformliste zu erfüllen. Aus dem bis Juni verlängerten Programm kann Griechenland noch 1,8 Milliarden Euro an Krediten vom Euro-Rettungsschirm EFSF und 1,9 Milliarden Euro von der EZB erhalten.

Am Freitag wurde auch bekannt, dass Griechenland fristgemäß 348,5 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgezahlt hat. Weitere 1,6 Mrd. Euro brachte das Land für die Rückerstattung kurzfristiger Staatsanleihen auf, wie aus einer mit der Transaktion vertrauten Quelle verlautete. Auch weitere fällige Rückzahlungen seien am Freitag fristgemäß erfolgt. "Alles ist bezahlt", hieß es von der Quelle. Insgesamt belief sich die Summe den Angaben zufolge auf rund 2,5 Mrd. Euro. Griechenland befindet sich in akuter Finanznot. Deshalb war mit Spannung darauf gewartet worden, ob das Land in der Lage sein würde, die fälligen Raten termingerecht zurückzuzahlen.

Lobende Worte

Mehrere EU-Regierungschefs haben das nächtliche Mini-Gipfeltreffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Brüssel gelobt. "Er war ein letzter politischer Anschub. Der Ball ist nun klar auf der Seite der Griechen", sagte der finnische Ministerpräsident Alexander Stubb am Freitag zum Auftakt des zweiten Tages des EU-Gipfels. Ebenso wie die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt betonte er, Grundlage aller Gespräche mit der Regierung in Athen seien die Verabredungen der Eurogruppe vom 20. Februar.

Die Europartner einigten sich am Rande des EU-Gipfels in Brüssel mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras darauf, bereits vereinbarte Schritte zur Rettung des Landes vor der drohenden Pleite zu beschleunigen. "Alles soll schnell gehen", sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Tsipras sicherte zu, in den nächsten Tagen eine vollständige Liste mit eigenen Reformvorschlägen vorzulegen.

Kritik an dem ungewöhnlichen Treffen, bei dem Tsipras auf eigenen Wunsch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande sowie den Präsidenten von EU-Rat, EU-Kommission und EZB zusammengekommen war, äußerten sie nicht. "Falls wir einen kleinen politischen Schub brauchen von Deutschland, Frankreich und den EU-Institutionen, dann begrüßen wir das", sagte Stubb.

Gabriel erleichtert

Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist nach dem Spitzentreffen nach eigenen Worten wieder etwas zuversichtlicher, dass die Probleme des Landes gelöst werden können. "Ich bin wieder etwas besserer Hoffnung", sagte Gabriel am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters am Rande eines Auftritts vor der Industrie- und Handelskammer in Berlin.

In der Nacht wurde bei dem mehr als dreistündigen Gespräch vereinbart, dass die griechische Regierung baldmöglichst eine vollständige Liste der Reformen vorlegen soll, wie sie die Probleme anpacken möchte. Eine positive Beurteilung durch die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds könnte den Weg für eine Auszahlung noch ausstehender Hilfen an Griechenland aus dem noch laufenden zweiten Hilfspaket ebnen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, anders als in den vergangenen Wochen habe er eine Überstimmung feststellen können. Das stimme ihn optimistisch. "Wir haben uns darauf verständigt, den Gesamtprozess zu beschleunigen."

Faymann fordert Nägel mit Köpfen

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat sich vorsichtig optimistisch zu der beim EU-Gipfel erzielten Annäherung zwischen dem hochverschuldeten Griechenland und seinen Geldgebern geäußert. Faymann verlangte, dass man nunmehr auf "Expertenebene Nägel mit Köpfen macht". "Zwischen der Überschrift und den konkreten Maßnahmen liegen Welten", sagte Faymann am Freitag in Brüssel.

Es wäre keine realistische Erwartung, dass die Griechenland-Runde am Rande des Gipfels alles löse, sagte der Bundeskanzler. Wenn man Teile des Programmes für Griechenland gegen andere etwa durch die Betrugsbekämpfung austauschen möchte, liege der Teufel im Detail. Faymann bekräftigte, er hätte sich gewünscht, dass auch EU-Parlamentschef Martin Schulz an den Griechenland-Gesprächen teilgenommen hätte.

Griechenland "wird uns noch länger beschäftigen", erwartet der Kanzler. Faymann ließ offen, ob sich die Euro-Finanzminister schon nächste Woche zu Griechenland treffen. Die Finanzminister würden dies selbst entscheiden, sagte er. "Es wird noch viele Details abzuklären geben."

Konstruktiv

Das griechische Finanzministerium hat Freitagfrüh von einer "konstruktiven Entwicklung" angesichts der Schuldenprobleme gesprochen. Athen bestätigt die Arbeiten an der Reformliste, wie dies Ministerpräsident Alexis Tsipras beim Mini-Gipfel am Rande des EU-Gipfels in Brüssel angekündigt hatte.

Nun würden die technischen Teams eine "detaillierte Liste" der Anforderungen sowie "Pläne für weitergehende Reformen" ausarbeiten. "Das ist eine konstruktive Entwicklung, die das Finanzministerium begrüßt, da es Klarheit" für die EU-Institutionen liefern werde. Außerdem könne auf der Grundlage der Eurogruppen-Vereinbarung vom 20. Februar geordnet und effektiv weitergearbeitet werden. Jedenfalls werde man "mit einem konstruktiven Geist" arbeiten. (APA, 20.3.2015)