Die jüngsten Fälle in Wien und Graz, in denen Polizeibeamte unter Verdacht stehen, ihre Arbeit nicht nach dem Buchstaben des Gesetzes gemacht zu haben, müssen jeden Bürger und jede Bürgerin beunruhigen. Dass Fehler passieren, ist das eine. Weit beunruhigender, ja skandalös ist es, wie mit diesen umgegangen wird.

Im einen Fall sollen gleich mehrere Beamte, die vorbildlich agierten und als Whistleblower versuchten, Missstände intern aufzuzeigen, durch Versetzungen bestraft worden sein. Im anderen wurde die Frau, die angab, brutal von Polizisten misshandelt worden zu sein, selbst angezeigt. Beide Male also ist die Reaktion auf Kritik ein Gegenangriff. Kein Versuch der Aufklärung, keine Spur von Qualitätssicherung, nur stures Mauern: So ein Verhalten hat in einer Demokratie nichts verloren.

Die für die Polizei verantwortliche Ministerin hätte hier die Gelegenheit, als leuchtendes Vorbild zu wirken. Doch Johanna Mikl-Leitner mauert auch. Sie weist Vorwürfe reflexartig zurück, indem sie sagt, dass sie gegen Pauschalverurteilungen sei. Niemand hat die Polizei pauschal verurteilt. Im Gegenteil: Tausende Beamte machen täglich engagiert und unter schwierigen Bedingungen Dienst. Genau sie nehmen durch die Haltung der Ministerin ebenso Schaden - ebenso wie das Vertrauen der Bevölkerung. Mauern ist nicht ihr Job. Dafür werden weder Ministerinnen noch Polizisten vom Steuergeld bezahlt. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 20.3.2015)