Wien - Im Geschäft mit Hund und Katz flattern im Zuge der Steuerreform die Nerven. Vor allem Betriebe in Grenzregionen sehen ih- re Felle davonschwimmen. Grund ist die Mehrwertsteuer. Denn geht es nach Plänen der Bundesregierung, werden für Tiernahrung künftig 13 statt zehn Prozent fällig. Was angesichts von 640.000 Hunden und 1,5 Millionen Katzen im Lande, deren Mägen zu füllen sind, durchaus Gewicht hat. Tierbesitzer lassen sich ihr liebes Vieh monatlich schließlich gut und gerne mehr als 60 Euro kosten.

Marktführer bei der Feinkost für Vierbeiner ist Fressnapf. Und dieser sieht seine Kunden schon reihenweise in das benachbarte Ausland auspendeln. In Deutschland sei Tierfutter 2016 um vier Prozent günstiger als in Österreich, rechnet Fressnapf-Chef Norbert Marschallinger vor. Dazu komme die Konkurrenz aus dem Internet. Die Folge sei ein noch stärkerer Umsatzabfluss in den Onlinehandel, "und die Steuern dafür werden nicht in Österreich bezahlt."

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Bei der Steuerreform nicht auf die Sonnenseite gefallen sind auch Händler rund ums Garteln. Es gebe deswegen keinen Grund zur Depression, sagt Alois Wichtl, Chef von Bella- flora - aber die höhere Mehrwertsteuer von 13 Prozent werde Pflanzenmärkten sicherlich nicht guttun. Denn was Konsumenten durch die niedrigeren Lohnsteuern mehr an Geld bleibe, werde wohl eher in Grundbedürfnisse fließen als in Blumen, die sich nun wohl verteuerten.

Noch nicht ausgereift sind die Details für Weinbauern, bei denen bei Ab-Hof-Verkauf von Rebensaft 2015 ein um ein Prozentpunkt höherer Steuersatz anfällt. Entscheidend sei, erläutert Verbandspräsident Josef Pleil, wie das Ganze ab- ge- bzw. gegenverrechnet werde. Im schlimmsten Fall drohe gigantische Bürokratie in Form tausender Steuerakte für die Finanz.

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Glaubt man Modellrechnungen der Politik, ist das private Budget der Österreicher ab kommendem Jahr jährlich um jeweils bis zu 2800 Euro entlastet. Vor allem Kleinverdiener sollen profitieren. Ob die stärkere Kaufkraft dem Konsum frischen Schwung verleiht, darob gehen die Meinungen im Einzelhandel allerdings auseinander.

Karl Mayr, Chef der Textilkette Fussl, ist auf Seite der Optimisten. Auch wenn die Steuerreform für ihn nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist, auf den, wie er betont, weitere folgen müssen, bringe sie seiner Branche Rückenwind. "Die Leute wollen sich wieder etwas Gutes tun, Mode gehört dazu." Was man sich an Steuer erspare, werde unmittelbar den Weg in den Konsum finden.

Vielleicht gönnen sich die Österreicher ein paar zusätzliche Accessoires. Eine neue Küche aufgrund der Reform werde es aber nicht spielen, relativiert Christian Wimmer, Geschäftsführer der Einrichtungsverbände Garant und WohnUnion. Investitionsanreize macht er für den Einzelhandel deswegen keine aus, und er erwartet auch kein Mehr an Arbeitsplätzen.

"Verhalten zuversichtlich" gibt sich Lebensmittelkonzern Spar. In der Buchbranche hofft man, dass die stärkere Kaufkraft der Konsumenten jenen Unternehmen zugutekommt, die auch in Österreich Steuern zahlen. Bücher seien zum Glück konjunkturunabhängig, ergänzt Thalia-Chef Josef Pretzl.

"Euphorie gibt es keine", resümiert Handelsobfrau Bettina Lorentschitsch. Zumal sie ihre Betriebe mit Maßnahmen wie der Registrierkassenpflicht über Gebühr belastet sieht. Die Tourismuswirtschaft aber meint, das große Bummerl gezogen zu haben. Hoteliers beklagen eine "schlagartig schlechtere Wettbewerbssituation". Heute, Dienstag, marschieren Speerspitzen der Sparte auf dem Ballhausplatz in Wien auf, um gegen die um drei Prozentpunkte höhere Mehrwertsteuer auf Nächtigungen zu protestieren. In der SPÖ versteht man die Aufregung rund um höhere Umsatzsteuern nicht: Sie kosteten ihrer Berechnung zufolge jeden Österreicher jährlich nur zwölf Euro - die Steuerreform kompensiere das locker. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 17.3.2015)