Ausschnitt aus dem Einspieler bei Jauch. Das Video sei manipuliert, sagt Varoufakis.

Foto: Screenshot/ARD

Ein Grieche, der sich im oder gar vom deutschen Fernsehen getürkt sieht: So beginnen Geschichten, wie sie die ARD und Günther Jauch mit dem griechischen "Euro-Schreck" Yiannis Varoufakis in den Sonntagabend schreiben - mit gestrecktem Mittelfinger.

Diese Haltung der Hand ruft nicht nur freundliche Gefühle hervor. Selbst der aufrichtigst gemeinte Fingerzeig kann zu unpassender Zeit oder vor dem falschen Publikum ins Auge gehen, oft ins eigene. Zum falschen Publikum zählt meist eine laufende Videokamera.

Varoufakis hat, jedenfalls laut einem im Web verfügbaren Video, in einer Diskussion in Zagreb 2013 den linken Mittelfinger erhoben. Der Wissenschafter, noch nicht Finanzminister, unterstrich damit seine Botschaft, dass Griechenland am besten 2010 im Euro seinen Staatsbankrott erklärt hätte - und damit "Deutschland den Finger gezeigt": "Jetzt könnt ihr euer Problem selbst lösen."

Jauch präsentierte die knackig geschnittene Sequenz dem zugeschalteten Varoufakis – ohne Hinweis, dass sich der Rat mit dem Finger auf 2010 bezog. Hätte man nennen sollen, sagt die Redaktion nach Kritik von außen. Aber: Im Video rät Varoufakis auch für 2013 zum Staatsbankrott, da ohne Finger.

Den will Varoufakis aber gar nicht gegen Deutschland erhoben haben. Das Video wäre gefälscht, beteuerte er bei Jauch. "Getürkt", übersetzte der Simultandolmetscher in der Eile. Ohne Eile und Bedenken nahm der Direktor der Hamburg Media Professional School das "Türken" mehrfach auf.

Nun muss dieser Begriff nicht aus einem beleidigenden Klischee entstanden sein, er klingt wie eines. Nicht nur für Griechen. Und was immer der Mittelfinger gerade tut. (Harald Fidler, DER STANDARD, 17.3.2015)