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ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner will sich dafür einsetzen, dass Touristiker nicht übermäßig belastet werden

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Jetzt ist schon wieder was passiert. Nichts, wofür Wolf Haas’ Romanfigur, der Privatdetektiv Simon Brenner, ausrücken müsste, aber doch "etwas wirklich Großes", wie zu Beginn der ORF-"Pressestunde" am Sonntag gesagt wurde, um zu erklären, warum sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ausnahmsweise zu zweit am Runden Tisch eingefunden haben.

Eine Steuerreform ist passiert. Bis jetzt zwar nur rhetorisch, und auch am Sonntag blieben viele Details des rot-schwarzen Steuervorhabens noch vage, aber immerhin, am Dienstag soll der Ministerratsvortrag dann einige Leerstellen füllen, kündigte Mitterlehner an.

Die Parteichefs von SPÖ und ÖVP ließen wissen, dass sich "in den großen Dingen nichts ändert", man aber "Härtefälle und Details anschauen wird" (Faymann). Als Beispiel, wo man die konkreten Auswirkungen zu wenig bedacht habe, nannte Mitterlehner den Tourismus, konkret Hotelbetriebe, für die die Mehrbelastung durch den neuen Steuersatz von 3,5 Prozent für Vermögensteile über 900.000 Euro nicht intendiert gewesen sei (siehe Infobox unten).

Abgefederte Betten

Das wird ein Fall für eine prophylaktische Abfederung, wie solche Aktionen im Politjargon gern genannt werden. "Wir werden Betriebsübergaben nicht benachteiligen gegenüber dem Istzustand", sagte Mitterlehner. Der ÖVP-Chef unterstrich auch, dass die neue Grunderwerbsteuerregelung für den bäuerlichen Bereich keine Auswirkungen hat: "Da bleibt es, wie es ist." Da habe man gerade neue Einheitswerte festgesetzt.

Omas Sparbuch ist sicher

Ein Lieblingsobjekt politischer Kommunikation – plus dazugehörige Erben – wurde vorm Sonntagsbraten auch noch offiziell beruhigt: Der "Schutz des Sparbuchs der Oma" (Mitterlehner) thront auch für diese Regierungsspitze auf der Spitze schutzwürdiger Einrichtungen und wird durch die angekündigten Prüfheerscharen im Kampf gegen Steuerbetrug sicher nicht attackiert werden.

Sozialmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt

Das geplante zentrale Kontoregister "reiht sich ein in europäische Pläne", sagte der Kanzler, und der Vizekanzler, mit Blick auf die Unternehmen, die in der ÖVP ja eigentlich ihre Schutzmacht sehen, verwies darauf, dass sich diese Maßnahme nicht nur gegen Firmen richte, sondern gegen jeglichen Sozialbetrug: "Sozialmissbrauch, Pfusch, E-Card-Missbrauch sind keine Kavaliersdelikte" und sollen so im internationalen Gleichklang bekämpft werden.

Die Koalitionäre jedenfalls marschieren nach dem Verhandlungsmarathon, den sie für sich selbst quasi als politische Guillotine inszeniert haben – Faymann hatte die Einigung auf eine Steuerreform im Vorfeld als "politisch lebenswichtig" für diese Regierung genannt, Mitterlehner für den Fall eines Scheiterns kaum noch eine Existenzberechtigung zum Weiterregieren gesehen –, erleichtert weiter. Beide waren bemüht, ihr Ergebnis brüderlich zu teilen, sodass jedem etwas bleibt, das er als "seins" verkaufen kann. Und so schlecht, wie sie von manchen geredet werde, sei die vorgestellte Steuerreform ja wirklich nicht.

Allergrößte und kleinere Schwerpunkte

So wusste der Kanzler von einer "gewissen Anerkennung" aus dem Volk zu berichten, dafür, "dass wir gemacht haben, was wir gesagt haben" – nämlich den "allergrößten Schwerpunkt bei den kleinen und mittleren Einkommen" zu legen.

Was umgekehrt bedeutet, dass die hohen und höchsten Einkommen und Vermögen eher ein kleiner Schwerpunkt waren, was der ÖVP zur Freude gereichte, Faymann aber doch veranlasste zu betonen, dass das jetzt einmal eine "gute Etappe" sei, aber "dass die SPÖ weiter für Vermögenssteuern ist, ist auch klar, die gehören zur Seele der Sozialdemokratie".

Was passiert, wenn nix passiert

Auch Mitterlehner übte sich trotz einiger akuter "Problemargumente" aus der Wirtschaft in optimistischer Weltsicht und würde das Häferl "gern halb voll sehen", denn was für einen seiner Mühlviertler Bekannten nur "ein Kaffee pro Tag", also rund drei Euro Entlastung, sei für eine Pensionistin mitunter ein Jahreseinkommen von rund eintausend Euro. Nun müssten Reformen am Arbeitsmarkt, bei Pensionen und Verwaltung folgen, sonst "werden wir wirklich über ein Sparpaket reden müssen". Für den Fall, dass gilt: Jetzt ist schon wieder nix passiert. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 16.3.2015)