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Eine neue Hauptstadt für Ägypten soll in den nächsten Jahrzehnten entstehen: Vorerst existiert sie nur als Modell.

Foto: Reuters / Amr Abdallah Dalsh

Marwan freut sich über die weltweite Gratiswerbung für Sharm el-Sheikh, die von der internationalen Investorenkonferenz ausgeht. Aber sonst ist die Stimmung des Anbieters von Bootsausflügen in der Touristenmetropole auf dem Sinai eher düster, obwohl das Geschäft etwas besser läuft als noch vor einem Jahr. Wenn es weniger Nachrichten über Gewalt gäbe und nicht jeder politische Gegner Terrorist genannt würde, dann würde der Tourismus fast von allein laufen, ist er überzeugt.

Die "Stadt des Friedens" war für drei Tage die "Stadt der Investoren". 2000 Interessenten aus über 100 Ländern drängten sich im Kongresszentrum. Die Sicherheitsvorkehrungen waren rigide, Helikopter in der Luft, Militärschiffe auf dem Wasser.

Die Konferenz stand unter dem pharaonischen Symbol des "Lebensschlüssels". Sie sollte nach dem Willen der Initiatoren wegweisend für Ägyptens Zukunft werden. Geladen hatte zwar Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi, die treibenden Kräfte waren aber vor allem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Stabilitätsfaktor Ägypten

Der sorgsam choreografierte Anlass hatte zwei Ziele. Er sollte zeigen, dass Ägypten attraktiv ist für ausländische Investoren; er sollte aber vor allem Sisi als regionales politisches Schwergewicht stärken. Ein prosperierendes Ägypten könne ein Modell für eine islamische Zivilisation werden, die tolerant ist und gegen Terror und Fanatismus einstehe, betonte Sisi. Dutzende hochrangige Politiker, darunter US-Außenminister John Kerry, unterstrichen, dass Ägyptens Stabilität entscheidend für die Stabilität weit über die Region hinaus sei.

Knapp zwei Jahre nach dem Putsch gegen die Islamisten hat Sisi die Rückkehr auf die politische Bühne geschafft. Am Rande der Konferenz erhielt er eine Einladung zu einem Deutschlandbesuch. Die Bedingung, erst müssten Wahlen abgehalten werden, wurde von Kanzlerin Angela Merkel inzwischen fallengelassen. Und der britische Ex-Premier Tony Blair sagte, die Führung in Kairo sei die erste, die die Herausforderungen der modernen Welt verstehe. Viele Redner überschlugen sich mit Superlativen wie "historischer Neustart" oder "Anfang einer Investitionsautobahn". Konzernchefs meinten, es habe ein Umdenken stattgefunden.

Beträchtlicher Aufschwung

Sisi hatte seine Hausaufgaben gemacht: Am Tag vor der Konferenz unterschrieb er ein neues Investitionsgesetz, und in den letzten Wochen wurde das Pfund abgewertet. Erste Erfolge der Reformen sind sichtbar. Das bestätigte auch der Internationale Währungsfonds (IWF). Zuletzt gab es ein Wachstum von 5,6 Prozent.

In den vergangenen 18 Monaten hatten die Golfländer Ägypten bereits mit 23 Milliarden Dollar (22 Milliarden Euro) unterstützt. Nun legten sie 12,5 Milliarden nach. Die Initialzündung hatte der Staat selbst mit der Lancierung mehrerer Großprojekte, wie dem Ausbau des Suez-Kanals, gegeben. Jetzt stünden bald private Interessenten Schlange, erklärte Finanzminister Hany Kadry Dimian.

Dutzende Abkommen und Absichtserklärungen - vor allem im Energiesektor - wurden unterzeichnet. Auf der Liste fanden sich aber auch Shopping Malls oder ein Managementsystem für Getreidelager. Ein Milliardengeschäft zog auch Siemens mit zwei Kraftwerken und einer Fabrik für Rotorblätter an Land.

Wie viele Projekte Wirklichkeit werden, ist eine andere Frage. "Ägypten hat eine schlechte Erfolgsbilanz bei der Umsetzung von Großprojekten. In den Satellitenstädten fehlt immer noch die Infrastruktur. Wir sind nicht Dubai", kritisiert ein ägyptischer Geschäftsmann vor dem glitzernden Modell einer neuen ägyptischen Hauptstadt. Es ist Teil der "Vision 2030" : Dann will Ägypten wirtschaftlich, sozial und ökologisch zu den Top 30 der Welt gehören. (Astrid Frefel aus Sharm el-Sheikh, DER STANDARD, 16.3.2015)