Oldenburg - Den wenigsten von uns ist bewusst, dass die Ohren vieler Tiere - auch die des Menschen - nicht nur hören, sondern auch selbst Schall aussenden können. Diese sogenannten otoakustischen Emissionen erzeugt das Ohr entweder ohne äußere Einwirkung oder aufgrund gezielter akustischer Reize.

Wie die Universität Oldenburg berichtet, sind diese Emissionen bei Menschen, Vögeln und Echsen erstaunlich ähnlich - und das, obwohl das Innenohr jeweils ganz unterschiedlich gebaut ist. Ein internationales Forscherteam um die Oldenburger Neurobiologin Christine Köppl und den Physiker Christopher Bergevin von der kanadischen York University veröffentlichte seine diesbezüglichen Erkenntnisse im Fachjournal PNAS.

Das Phänomen ...

Otoakustische Emissionen als solche sind seit Ende der 1970er-Jahre bekannt, aber ihre Entstehung blieb bislang rätselhaft. Die neue Studie verglich nun die Emissionen menschlicher Ohren im Detail mit denjenigen von Schleiereulen und Saumfingerechsen (Anolis), die zur Verwandtschaft der Leguane zählen. Gemessen haben die Wissenschafter die otoakustischen Emissionen der Tiere im Labor, die Daten von Menschen lagen ihnen bereits vor.

Im normalen Alltag senden Ohren sehr selten selbst Schall aus, meist wird dies von den hereinkommenden Umgebungsgeräuschen quasi unterdrückt. In einer schallisolierten Kammer hingegen sind nach ungefähr zehn Minuten absoluter Ruhe entweder "spontane" Emissionen messbar, oder sie lassen sich mittels akustischer Reize hervorrufen. Würde man diese - bei Frauen aus unbekannten Gründen etwas häufigeren - otoakustischen Emissionen verstärken, klängen sie wie ein Pfeifen und wären bei manchen Menschen sogar mehrstimmig.

Bei Säuglingen und Kleinkindern sind otoakustische Emissionen laut Köppl "sehr prominent" und daher auch Grundlage des Neugeborenen-Hörscreenings. "Bislang ist es ein ziemlich simples Messverfahren - wenn keine Emissionen messbar sind, folgen andere Tests", sagt Köppl. Allerdings könnte ein besseres Verständnis für otoakustische Emissionen in Zukunft auch differenziertere Diagnostik ermöglichen - womöglich sogar bis hin zu einem "objektiven Hörtest", der ohne Feedback des Patienten auskommt.

... ist offenbar alt

Die Studie legt einen über Gattungsgrenzen hinweg einheitlichen Entstehungs-Mechanismus der Emissionen nahe. "Die Sinneszellen im Innenohr sind das gemeinsame Element“, sagt Köppl. "Im Verlauf der Evolution hat sich daraus bei Säugetieren eine spiralförmige Cochlea entwickelt, bei Vögeln eine lange bananenförmige Innenohr-Struktur, und Echsen haben nach wie vor ein kleines Häufchen Sinneszellen - aber unterschiedliches Aussehen und Kopplung spielen offenbar für die otoakustischen Emissionen eine untergeordnete Rolle.“ (red, derStandard.at, 15.3. 2015)