In Zukunft werden Macht und Kontrolle in Unternehmen breiter gestreut sein, als dies heute der Fall ist. Dafür braucht es in Unternehmen eine neue Kultur. Kommunikation wird zu einem wichtigen Faktor.

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Teilen, tauschen, gemeinsames Nutzen liegen hoch im Kurs. Talente, Fähigkeiten, Wissen und Dienstleistungen werden schon jetzt gegenseitig zur Verfügung gestellt. Geht es nach den Forschern des Zukunftsinstituts, wird sich dieser Trend zum Teilen, zur Kollaboration noch weiter verstärken. Dadurch könne auch ein neues "Wir" entstehen. In ihrer aktuellen Trendstudie "Die neue Wir-Kultur – wie Gemeinschaft zum treibenden Faktor einer künftigen Wirtschaft wird" zeigt das Zukunftsinstitut den Weg dorthin, aber auch, was dieses Gemeinsame für Unternehmensführungen bedeutet.

Mit der Crowd Ideen suchen

Schon jetzt werden in Unternehmen immer öfter Türen für Externe geöffnet, gemeinsam mit der Crowd wird nach neuen Ideen gesucht oder diese weiterentwickelt, durch die neuen Kommunikationsmöglichkeiten können Kunden und Geschäftspartner intensiver in die Arbeitsabläufe eingebunden werden. Wenn sich ein Unternehmen aber für mehr Kooperation und Kollaboration mit Kunden, Lieferanten und Partnern entscheidet, muss auch die Kultur im Unternehmen dementsprechend gestaltet werden.

Für Thomas Malone, Professor an der Sloan School of Management des MIT, steht fest, dass in zukünftigen Unternehmen Macht und Kontrolle viel breiter gestreut sein werden, als das heute noch der Fall ist. Erste Anzeichen für diese Entwicklung sieht er vor allem in kleinen Unternehmen der IT-Branche, denn dort seien vom Kollektiv gewählte Chefs und Mitarbeiter, die ihr Gehalt und ihren Urlaub selbst bestimmen, schon heute Realität.

Wie mit Komplexität umzugehen ist

Für diese Gemeinschaftsidee identifizieren die Zukunftsforscher einige wesentliche Treiber. Die technologische Vernetzung hat dafür einen wichtigen Impuls gegeben und wird auch weiterhin die entscheidende Rolle spielen. Enger zusammenzuarbeiten ist für die Zukunftsforscher ein weiterer Treiber und auch eine mögliche Antwort auf die Frage, wie mit der steigenden Komplexität umgegangen werden kann.

Darüber hinaus gilt, so die Zukunftsforscher, Kollaboration schon jetzt als ein Treiber für Innovation. Kollaboration und Kooperation können mittlerweile im Alltag vielfältig genutzt werden – Stichworte dafür: Carsharing, Co-Working-Spaces oder auch Crowdfunding-Plattformen. All diese Möglichkeiten zeigen den Nutzen der Gemeinschaft. Kollaboration besteht den Alltagstest.

Kollaboration in den Kinderschuhen

In Unternehmen hingegen steckt Kollaboration noch in den Kinderschuhen, die To-do-Liste für Führungskräfte ist lang. So werden zwar neue Lernformate eingeführt, Barcamps organisiert und mit Open Innovation experimentiert. Jedoch mit mäßigem Erfolg, diese Prozesse scheitern häufig an den alten Gewohnheiten. Kollaboration in Unternehmen hat viele Herausforderungen zu bewältigen und braucht eine neue Kultur.

Und diese beginnt bei der Kommunikation, dem Rohstoff der Netzwerkökonomie, so die Zukunftsforscher. Hier schnell auf den Punkt zu kommen sei ein wesentlicher Erfolgsgarant. Aber auch Einfühlungsvermögen gehöre zu den entscheidenden Faktoren. Denn mit je mehr Welten Organisationen bei ihren Kooperationsprojekten in Kontakt kommen, desto mehr brauche es die Fähigkeit zur Ankoppelung an diese. Vertrauen sei eine weitere, wenn nicht die entscheidende Voraussetzung. Die Vernetzungskraft innerhalb der Organisation zu stärken werde zu einer wichtigen Fähigkeit für Führungskräfte.

Fokus auf Organisation und Menschen

Darüber hinaus müssen, so die Zukunftsforscher, Kooperationsgewohnheiten implementiert werden. Dazu sei ein umfassendes Bewusstsein für alle Faktoren nötig, die das Verhalten der Mitarbeiter beeinflussen, und die Weitsicht, auf allen Ebenen etwas verändern zu wollen.

Wir-Konstrukte in traditionell von Konkurrenz geprägten Settings aufzubauen sei nicht einfach und erfordere einen doppelten Fokus: zum einen auf die Weiterentwicklung der Organisation und zum anderen auf die Menschen, die in ihnen arbeiten, lautet das Fazit der Zukunftsforscher. (Gudrun Ostermann, DER STANDARD, 14.3.2015)