Am Bahnhof: Reinhold G. Moritz, Katarina Hartmann.


Foto: Lalo Jodlbauer

Es fährt ein Zug nach Irgendwo heißt die Produktion, die das Volkstheater seit Mittwochabend durch die Wiener Bezirke tuckern lässt. Das Setting: ein Bahnhof. Doch der Zug kommt nicht. Man wartet.

Wird im Theater gewartet, kommt einem ziemlich bald Becketts Warten auf Godot in den Sinn. In den nächsten eineinhalb Stunden bekommt man es aber mit anderen Klassikern zu tun - die Wartenden singen: Herbert Grönemeyer, Nana Mouskouri, Janis Joplin, Prince. Man reimt "Fredi" auf "Mädi" und wälzt handfeste Probleme.

Aus den Schlagerliedern baut Volkstheater-Chefdramaturgin Doris Happl, die für diese Nummernrevue als Autorin wie Regisseurin verantwortlich zeichnet, rund um fünf am Bahnhof und im Leben feststeckende Menschen eine Musikcollage. So kommen der Selbstmordwillige (Martin Bermoser), die in Liebesdingen Ernüchterte (Irene Pernsteiner), die naiv Verliebte (Katarina Hartmann) und das mäßig glücklich verheiratete Paar (Doris Weiner, Reinhold Moritz) in Kontakt.

Das birgt nicht zuletzt viel Geschlechterklamauk, der (neben Harald Pröckl) die gesamte Akkordeonklaviatur der Gefühle spielt, Melancholie und Humor liegen dicht beieinander. Das Gelingen des liebevoll gemachten Liederabends ist aber kein Verdienst der banalen bis kitschigen Story, sondern den musikalischen Einzelnummern sowie überraschenden inszenatorischen Kniffen zu verdanken.

Mehr Substanz darf man nächste Spielzeit erwarten. Schottenberg-Nachfolgerin Anna Badora stattete "den Bezirken" einen Antrittsbesuch ab und kündigte für 2015/16 "Aktualität" an: Thomas Glavinic, Yasmina Reza, eine Stadt-Recherche des Grazer Theaters im Bahnhof sowie die erste Dramatisierung von Christine Lavants Das Wechselbälgchen von Puppenspieler Nikolaus Habjan. (wurm, DER STANDARD, 13.3.2015)