Jahrelang ist nichts passiert in der Hypo, bzw. es ist sehr viel passiert in der Hypo. Die Republik und ihre Aufpasser haben dem Treiben in der Kärntner Landesbank mehr oder weniger tatenlos zugeschaut. Dann, ab der Notverstaatlichung Ende 2009, ist fünf Jahre lang nicht viel passiert: Statt die marode Bank sofort abzuwickeln, eine Abbaugesellschaft (Bad Bank) zu etablieren und die Ära der Schadensmaximierung zu beenden, wurde fröhlich weiterdilettiert. Vor allem Finanzministerin Maria Fekter konnte der Gründung einer staatsschuldenerhöhenden Bad Bank nichts abgewinnen. Ihre Hinhaltetaktik machte Österreich bei der EU-Wettbewerbskommission nicht unbedingt zum Liebkind; Aufmerksamkeit ist den österreichischen Banken seither aber immer sicher, in Brüssel.

Jetzt geht dafür alles Schlag auf Schlag - und ganz Europa schaut ebenso gespannt und kritisch zu. Im Herbst wurde die Abbaugesellschaft Heta gegründet - und vier Monate später hat Europa seinen ersten Fall der Bankenabwicklung (konkret geht es um eine Exbank; auch das werden die Gläubiger und ihre Juristen kritisch hinterfragen) gemäß den brandneuen europäischen Abwicklungsrichtlinien. Blitzschnell hat Österreich am 1. Jänner das nationale Gesetz dazu in Kraft gesetzt, um die Heta ebenso blitzschnell am 1. März der frischgebackenen Abwicklungsbehörde FMA zu überantworten.

Ab jetzt spielt das Drama Hypo Alpe Adria / Heta nicht mehr auf einer dunklen österreichischen Provinzbühne. Ab jetzt stehen alle - Regisseure, Hauptdarsteller, Statisten - auf einer gut ausgeleuchteten europäischen Bühne mit internationalen Mitspielern, Zuschauern und Kritikern. Und die werden der europäischen Uraufführung mit Argusaugen folgen.

Dass die Gläubiger eine Unzahl von Klagen einbringen werden, steht angesichts der neuen Materie längst fest; damit rechnen auch die Vertreter der Republik, der Aufseher und der Heta. Das ist der Preis, wenn man juristisches Neuland betritt, und diesen Preis zu zahlen, ist die Republik offensichtlich bereit.

Vor den Augen internationalen Publikums wird aber noch viel mehr als die Abwicklung einer Staatsbank aufgeführt werden. Vor den Augen internationalen Publikums werden Fakten auf die Bühne kommen, vor denen bisher die Regierenden wie ihre Wähler die Augen verschlossen hatten.

Da werden untragbare Haftungen von hochverschuldeten Bundesländern thematisiert werden, die jeder Beschreibung spotten. Da werden Begehrlichkeiten der Länder gegenüber dem Bund ausgeleuchtet werden, da wird eine Republik auftreten, die sich zum Lakaien der Landeshauptleute hat machen lassen.

Da werden die Ersteller und Prüfer von Bankbilanzen im Rampenlicht stehen, die sich möglicherweise jahrelang vom Prinzip Hoffnung haben leiten lassen. In ihrem Zentrum die drohende Abwertung des Heta-Vermögens von bis zu fast neun Milliarden Euro, die zu erklären sogar einem FMA-Chef schwerfällt.

Vielleicht wird das Zitat von Helmut Ettl - "Es ist für jeden Beobachter ein Mysterium, was hier passiert" - ja zu einem Hauptzitat im Abwicklungsdrama auf der Schaubühne.

Eines ist jedenfalls so sicher wie der Vorhang, der am Ende der österreichischen Aufführung fallen wird: Die Begeisterung des Publikums wird sich in Grenzen halten. Dafür ist der Gesamtschaden aus dem Drama Hypo zu groß. (Renate Graber, DER STANDARD, 12.3.2015)