Eigentlich klingt alles ganz einfach. Seit es das Youtube-Partnerprogramm gibt, kann nämlich jede Nutzerin und jeder Nutzer aus den hochgeladenen Videos Geld machen. Durch die Werbevideos vor oder in ihren Clips werden die Nutzer an den Einnahmen der verkauften Werbeflächen beteiligt - welche Werbung in welcher Form geschalten wird können Nutzer teilweise mitentscheiden. Wie viel Geld ein Klick Wert ist und was berühmte Youtuber tatsächlich mit ihren Videos verdienen, darüber wird nicht gesprochen. Als Partner verpflichtet man sich sozusagen zur Verschwiegenheit.

Youtuber als die neuen Celebrities

Kein Geheimnis ist, dass es einige Leute gibt, die von ihren Online-Videos leben können. In Deutschland gibt es richtige Youtube-Stars, ihre Auftritte in der Öffentlichkeit werden regelmäßig von kreischenden Fans begleitet. Youtuber wie LeFloid oder das Comedy-Trio Y-Titty führen ein Leben wie Celebrities. Der Brite Howard Davies-Carr, der 2007 den Clip "Charlie bit my finger - again!" hochlud, gab immerhin an, dass ihm die damaligen 522 Millionen Aufrufe 158.000 Dollar an Werbeeinnahmen eingebracht haben. Bei Youtube heißt es, dass allein 2014 eine Milliarde US-Dollar am Partner ausbezahlt wurden.

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Das Comedy-Trio Y-TITTY aus Deutschland hat mehr als 3 Millionen Abonnenten auf Youtube. Auf den Videodays, wie hier im Bild, treffen sie Fans und schreiben Autogramme.
Foto: epa

Nicht nur Katzen und Pandas

Wie viel Geld werbende Unternehmen für die Werbeflächen bezahlen, lässt sich auch nicht konkret beziffern - im Gegensatz zu den steigenden Ausgaben für Online-Werbung. Das enorme Potential von Youtube als Plattform für Unternehmen liegt auf der Hand: längst wurde die Milliarden-Marke in den Nutzerzahlen geknackt, pro Minute werden mittlerweile mehr als 300 Stunden Videomaterial hochgeladen und die durchschnittliche Verweildauer ist seit dem Beginn vor zehn Jahren um 50 Prozent gestiegen. Wer denkt, dass es auf Youtube nur Katzenvideos, Pandababies und verwackelte Handyvideos zu sehen gibt, irrt. Youtube investiert in den letzten Jahren stark in die Professionalisierung, berät die Partner, wie ihre Videos noch besser werden können und unterhält ein eigenes Nachwuchsprogramm zur Förderung aufstrebender Youtuber inklusive Studios in mehreren Städten weltweit.

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Youtube-Boom: Wäre die Youtube-Gemeinschaft ein Land, wäre es das drittgrößte der Welt.
Foto: Reuters

Werbepotential enorm

Besonders junge Menschen wandern vom klassischen Fernsehen ins Internet, wo sie Clips und Serien dann sehen können, wann sie wollen. Beliebte Youtube-Channels haben eine Reichweite, von der klassisches Fernsehen nur noch träumen kann. Und damit wächst auch das Potential für die Online-Werbung: Von 2012 auf 2013 nahmen die Ausgaben für Online-Werbung in Österreich um 18,2 Prozent zu. Zwar ist der Gesamtanteil noch nicht mit den Formaten Tageszeitung oder TV vergleichbar, ein so starkes Wachstum wie in der Online-Werbung gibt es in den anderen Sparten aber nirgends.

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Mit mehr als zwei Milliarden Klicks das meistgesehene Video auf Youtube: Gangnam Style von Psy aus Südkorea
Foto: dapd

Österreichs Youtuber

Die großen Youtube-Stars in Deutschland können von ihren Videos längst leben. Aber auch in Österreich gibt es Youtuber, die ihren Lebensunterhalt auf der Plattform verdienen. Mit über 96.000 Abonennten zählt René Wurz zu den bekanntesten Youtubern aus Österreich. Auf der Videoplattform kennt ihn aber wohl niemand unter diesem Name. Als Luigikid Gaming kommentiert er dort Videospiele, er ist ein so genannter "Let's Player". Neben Comedy und Musik, sowie Beauty-Videos zählt Gaming auf Youtube zu den beliebtesten Kategorien.

Eines der neuesten Videos von Let's Player René Wurz. Als Luigikid Gaming kommentiert er Videospiele.
Luigikid Gaming

Der 19-Jährige Wurz ist schon einige Jahre dabei - eine Partnerschaft ging er aber erst im Herbst 2013 ein. "Da habe ich auch angefangen regelmäßig Videos hochzuladen", sagt Wurz. Er versuche mindestens ein Video pro Tag zu produzieren. Je nach Art und Länge eines Videos benötigt er für Aufnahme, Schnitt und das Erstellen eines Video-Vorschaubildes (Thumbnail) zwischen zwei und vier Stunden. "Theoretisch könnte ich von meinen Videos leben. Allerdings arbeite ich nach wie vor auch noch in einem Fitness-Studio und bald steht der Zivildienst bevor."

Netzwerke als Erfolgsgarant

Dass Youtube zu einem lukrativen Business geworden ist zeigt auch der Einstieg so genannter Multi-Channel-Networks. Sie wirken für die Youtuber als Netzwerk und übernehmen die Vermarktung ihrer Nutzer. Den Youtubern sollen dadurch mehr Abonnenten gesichert werden, die Multi-Channel-Networks sind dafür an den Einnahmen beteiligt.

Wurz ist etwa bei Fullscreen unter Vertrag, dem größten US-amerikanischen Multi-Channel Network. Zu seinen Einnahmen schweigt der Gamer: "Soviel kann ich aber preisgeben - zurzeit könnte ich den Beruf Youtuber locker hauptberuflich ausüben." Um von einem Netzwerk unter Vertrag genommen zu werden, muss man zunächst natürlich auffallen. An eine bestimmte Höhe an Nutzerzahlen ist die Förderung nicht gebunden, Online liest man aber immer wieder davon, dass man ab 100.000 Abonnenten zu den Profis zählt. Bei vielen Netzwerken kann man sich auch initiativ bewerben.

Durchhaltevermögen gefragt

Kim Lianne, eine weitere Youtuberin aus Österreich, kann von ihren Videos leben. Ihr Channel ist eine bunte Mischung aus Schminktipps, Fashion, Essen und lustigen Sketches. Wie auch René Wurz hat Kim Lianne sich nicht speziell weitergebildet, um auf Youtube erfolgreich zu sein - beide sprechen von "learning by doing". "Ich kann seit 2013 von meinen Videos leben, unter anderem weil mir mein Kanal weitere Türen geöffnet hat", sagt Kim Lianne. Sie ist etwa im Werbespot von Kneipp Deutschland zu sehen. "Nebenbei arbeite ich auch als Radiomoderatorin."

Das beliebteste Video auf dem Channel von Kim Lianne: Ein Tutorial für Ombre-Hair.
Kim Lianne

Wie viel Geld pro Monat verdient sie bei Youtube? Auch hier wieder: "Darüber darf man als Youtube-Partner keine Auskünfte geben." Um auf Youtube erfolgreich zu sein müsse man vor allem Ausdauer und Spaß an der Sache mitbringen. Zu hohe Erwartungen dürfe man nicht haben: "Sonst geht einem beim Aufbau der Community, wofür man Monate bzw. Jahre investieren muss, auf lange Sicht die Puste aus und man ist eventuell enttäuscht."

Traditionelle Medien springen auf

Längst hat sich das Potential von Youtube natürlich auch auf die traditionellen Medien ausgewirkt. Einige sind selbst ins Geschäft eingestiegen - die Pro7Sat1-Gruppe steht etwa hinter dem Multi-Channel-Network Studio 71. Oberstes Ziel auch hier: die Online-Präsenz der Künstler und ihrer Channels zu steigern.

Michael Buchinger ist bei Studio71 unter Vertrag. Sein erstes Video hat er 2009 als 16-Jähriger Online gestellt, heute hat der Burgenländer beinahe 50.000 Abonnenten. "Neben Youtube schreibe ich noch eine Kolumne in zwei Magazinen. Gemeinsam mit den Einnahmen übers Internet kann ich davon leben", sagt Buchinger. Ihm gefällt, dass er mit seinen Videos viele Menschen erreichen und einen Dialog eröffnen kann. Besonders der Austausch ist ihm wichtig: "Viele denken, das Youtuber-Dasein sei einseitig, weil man quasi nur über das Internet zu einem Publikum spricht. Allerdings haben meine Zuseher die Möglichkeit, mir über Kommentare - die ich auch wirklich alle lese und beantworte - ihre Meinung zu schildern."

Michael Buchinger will auf Youtube vor allem für Lacher sorgen. Ein Beispiel: seine Hass-Listen.
Michael Buchinger

Authentizität zählt

Buchinger spricht auf Youtube über alles mögliche, manchmal parodiert er Songs oder andere Stars, dann bastelt er vor der Kamera - es ist ein Comedy-Channel. "Manchmal gefällt es mir nicht, wenn die Leute basierend auf meinen Videos ein gewisses Bild von mir haben und denken, dass ich 24 Stunden aufgeweckt und gut gelaunt bin", sagt er dazu. Arbeitsalltag gibt es eigentlich keinen - am meisten Zeit gehe für das Schneiden der Beiträge drauf. Was braucht es für ihn um ein guter Youtuber zu sein? "Solange man authentisch bleibt, kann man meiner Meinung nach nicht viel falsch machen." (lhag, derStandard.at, 12.03.2015)