Kulmbach/Wien – Eine Insolvenz in Kulmbach lässt hiesige Medien gemeinhin kalt. Die Meldung aus Oberfranken aber dürfte beim Kurier zumindest irritieren: Das Deutsche Anlegerfernsehen meldete Montag Insolvenz an. Seit Ende Oktober produziert der Kurier für den Satkanal DAF Austria stündliche Videonachrichten. Er erwog auch eine Beteiligung an der Wiener DAF-Tochterfirma.
Nun kündigt DAF-Vorstandschef Conrad Heberling das Ende von DAF Deutschland als Satkanal an. Daraus werde ein Web-Sender und eine TV-Produktionsfirma. STANDARD-Kontaktversuche mit Heberling und dem Kurier-Management blieben zunächst ohne Erfolg. Die Einschätzung vom "idealen Partner" DAF für den Kurier, seine Marken und deren Entwicklung im Bereich Bewegtbild wurde möglicherweise relativiert.
Kleiner "Kurier"
Nicht ganz nach Plan entwickelt sich noch ein Kurier-Projekt: eine Nachmittagsausgabe, jedenfalls zunächst kostenlos verteilt. Als der STANDARD Anfang Jänner von Vorbereitungen für das Kleinformat berichtete, ging man intern noch vom Start im März aus – inzwischen von Frühsommer.
Denn der Kurier erscheint in einem Verlag mit der Kronen Zeitung – und deren Vertreter in dieser Mediaprint legen sich beherzt quer gegen das Projekt. Dabei spielt wieder ein Städtchen eine Rolle, nun statt Oberfranken in Niederösterreich.
In Baden bei Wien, in der Kanzlei Eckert, saßen Ende der 1980er-Jahre Steuerberater, Anwälte und Medienbosse von Krone, Kurier und deutscher Funke-Gruppe zusammen und feilten am Zusammenschluss von Österreichs größten Tageszeitungen in der Mediaprint. Kartellrecht? Damals eher kein Thema in Österreich.
Kartell von Format
Besonders nach Kartell riechen etwa Vereinbarungen, wie sich die Riesen den Zeitungsmarkt aufteilten. Die Badener Verträge sichern der Krone in der Partnerschaft das Kleinformat. Dem Kurier teilen sie den anspruchsvolleren Markt größerer Formate zu – und den Magazinmarkt. Dem Kurier gehörten damals Trend und Profil, daraus wurden 2001 25,3 Prozent an der Verlagsgruppe News.
Um den Kurier vom Kleinformat am Nachmittag abzubringen, verweist nun die Krone, vor allem Familie Dichand, auf die Rollenverteilung der Badener Verträge. Die Krone legt seit Herbst 2014 ihre Abendausgabe in Wien zur Entnahme auf, um Präsenz und Reichweite in Zeiten der Gratiszeitungen zu stabilisieren.
Wenn sich die Geschäftsführer der Mediaprint – je einer der drei Gesellschafter – nicht einigen, muss der Gesellschafterausschuss entscheiden. Dort sitzen je zwei Vertreter der drei Gesellschafter. Am 17. März tagen sie, eine Einigung über das Kurier-Projekt ist fraglich. Als Alternativszenario kursiert beim Kurier schon eine Nachmittagsausgabe im gewohnten Format – haptisch schwierig, weil die Ausgabe weit schmaler als das Hauptblatt ausfallen soll.
Dichands Gewinn fixiert
An einer Einigung im März lassen schon die Krone-Syndikatsverträge zwischen Dichands und Funke zweifeln: Die Deutschen müssen demnach mit den Dichands stimmen, damit steht es vier zu zwei im Gesellschafterausschuss. Die Funke-Gruppe erklärte zwar im Herbst 2014 die Kündigung der Syndikatsverträge. Ob sie das so einfach kann, muss wieder ein Schiedsgericht für die Krone-Gesellschafter entscheiden, das die Dichands einschalteten.
Ein anderer Vertragspunkt zwischen Funke und Dichands soll unterdessen schon schiedsrichterlich geklärt sein: Es hat den Anspruch von Krone-Gründer Hans Dichands Erben auf einen jährlich garantierten Gewinn nach Infos des STANDARD bestätigt. Für den hohen einstelliger Millionenbetrag im Jahr muss laut Vertrag bei schlechtem Geschäftsgang gar die Funke-Gruppe aufkommen.
Kommentare der Beteiligten stehen, wie in Mediaprint-Sachen gewohnt, auch diesfalls aus. (Harald Fidler, DER STANDARD, 10.3.2015)