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Der Kläger Heimo Eitel packt die Vorwürfe gegen Helene Fischer aus, über denen sein Anwalt Klaus Philipp brütet.

Foto: APA/Robert Jäger

Mattersburg – Vier Kamerateams, elf Fotografen, x Schreibknechte und -mägde, und das ORF-Landesstudio schickte am Montag vormittag gar einen Übertragungswagen auf den Mattersburger Veranstaltungsplatz, direkt vors dortige Bezirksgericht. Es galt ja, live einzusteigen in die Mittagsnachrichten des burgenländischen ORF-Radios: "Prozess gegen Helene Fischer vertagt!"

Helene Fischer ist eine deutsche Schlagersängerin. Zu ihrem Repertoir zählt das Lied "Atemlos", und im Vorjahr wurde sie über die Grenzen der Schlagersängerei hinaus bekannt, als sie mit den aus Übersee heimgekehrten Kickern der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Berlin deren Weltmeistertitel feierte.

Behinderte Fans

Schon am Tag danach, am 15. Juli des Vorjahres, war die Gefeierte am Neusiedlersee. Im Rahmen der "Schlagernacht" gastierte sie auf der Seebühne in Mörbisch. Unter den Fans befand sich auch der 63-jährige Heimo Eitel aus Bad Sauerbrunn. Der an ALS erkrankte wollte mit einer Gruppe Behinderter – "Zwei Krückenträger, zwei Rollstuhlfahrer, insgesamt neun Personen" – die Angehimmelte am Bühnenausgang "abpassen und ein kleines Geschenk überreichen", wie Eitel den wartenden Journalisten vor Prozessbeginn erläuterte.

Die russlanddeutsche Fischer aber habe einen großen Bogen um die Gruppe gemacht, abfällig geredet, die Wartenden ausgelacht und "dann etwas in einer slawischen Sprache gesagt, das ich nicht verstanden habe". Jedenfalls habe Eitel sich diskriminiert gefühlt.

Kein Vergleich

Den Vorschlag, das in einem persönlichen Gespräch aus der Welt zu schaffen, hat die Sängerin abgelehnt. Nun wird sie nach dem Behindertengleichstellungsgesetz verklagt: 2000 Euro Schadenersatz, 9600 Euro Schmerzensgeld wegen Verschlechterung des Gesundheitszustandes.

Der Mattersburger Richter Helmut Müller suchte einmal den Vergleich: Konzertkarten und Backstageaussprache beim nächsten Österreichkonzert? Damit könnte der Kläger leben.

Die Beklagte allerdings nicht. Und zwar, wie Fischers Anwalt Alexander Wanke einwendet, aus grundsätzlichen Überlegungen heraus. "Da hat sich einer eine Welt aufgebaut, in der die Beklagte auch eine Rolle spielt, aber eine, die sie nicht spielen will." Der Kläger agiere nach dem Motto: "Lieb‘ mich, oder ich schlag‘ dich." Außerdem gebe es ja keinerlei "Rechtsbeziehungen" zwischen Kläger und Beklagter, auf die das Gesetz anwendbar wäre."

Videokonferenz

Hier werden persönliche Befindlichkeiten vorgetragen. Ein Vergleich, in dem man sich auf eine bloße Halbwahrheit im Sinne von ,jeder gibt ein bisschen nach‘ ist für die Beklagte nicht tragbar."Richter Müller vertagte also auf unbestimmte Zeit. Bis dahin erarbeitet er den Prozessplan, der jedenfalls eine Befragung der Sängerin vorsieht. Nach Mattersburg muss sie nicht kommen. Dem Richter reicht eine Videokonferenz. Und den richtigen Namen, "Helene Fischer ist ja wohl ein Künstlername." Anwalt Wanke wird Dokumente beibringen. Erste Tagsatzung von Eitel vs. Fischer somit geschlossen. Kollege Martin Lischka eilt in den Übertragungswagen und informiert echtzeitnah die Hörfunkwelt. Gleich danach steht er schon vor der Kamera und spricht den O-Ton fürs vorabendliche Bundesland heute: "Helene Fischer muss aussagen!" Er wird dranbleiben. Der Standard klarerweise auch. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD Printausgabe, 10. 3. 2015)