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Saur Dadajew wird im Mordfall Nemzow beschuldigt.

Foto: Reuters / Tatjana Makejewa

Fünf Männer wurden am Sonntag in Moskau dem Haftrichter vorgeführt. Sie alle sollen in die Ermordung des Oppositionellen Boris Nemzow vor gut einer Woche verwickelt sein. Gegen die zwei mutmaßlichen Täter wurde bereits Anklage erhoben, die anderen drei Männer bleiben als der Beihilfe Verdächtige ebenfalls bis zum 28. April in Untersuchungshaft. Alle Inhaftierten stammen aus dem Kaukasus.

Eine weitere geplante Festnahme endete in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny blutig: Offiziellen Angaben zufolge warf der Verdächtige eine Handgranate auf die Beamten, die die Wohnung stürmten, und sprengte sich mit einer zweiten Granate selbst in die Luft. Über Opfer bei den Sicherheitsorganen wurde nichts bekannt. Der Tote galt bisher nicht als Sympathisant der islamistischen Separatisten im Kaukasus und lebte zuletzt wie die fünf anderen Tatverdächtigen in Moskau.

Keine Profikiller

Medieninformationen zufolge handelt es sich bei den Tätern nicht um professionelle Killer. Die unmittelbaren Vollstrecker gerieten demnach schnell ins Visier, weil sie bei ihrer Flucht von Überwachungskameras erfasst wurden. Schon vor Tagen war bekannt geworden, dass die Polizei über relativ scharfe Fahndungsfotos der Verdächtigen verfüge.

Einer der mutmaßlichen Mörder, Saur Dadajew, hat inzwischen seine Tatbeteiligung eingeräumt, die übrigen bestritten vor Gericht ihre Schuld. Vor den Kameras sagte Dadajew nur: "Ich liebe den Propheten Mohammed." Die These, dass Nemzow wegen seiner Unterstützung für die Karikaturisten von Charlie Hebdo sterben musste, war von den Behörden als eine der fünf möglichen Tatmotive genannt worden.

Held gegen "Verräter"

Pikant sind dabei allerdings biografische Details des Geständigen: Er soll Vizekommandeur des tschetschenischen Sonderbataillons "Nord" gewesen sein. Chef des Bataillons ist der 40-jährige Alibek Delimchanow, Bruder des Duma-Abgeordneten Adam Delimchanow und Cousin von Republikchef Ramsan Kadyrow. Alibek Delimchanow wurde 2009 der höchste Orden des Landes, "Held Russlands", verliehen. Auch Dadajew wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Tapferkeitsorden.

Die Verbindung führte in sozialen Netzwerken bereits zu hämischen Kommentaren: "Kadyrow kennt seine Untergebenen schlecht: Er hat gleich gesagt, der Täter komme aus dem Westen, dabei kam er aus dem Norden", verwies ein Twitter-Nutzer ironisch auf den Namen des Bataillons.

"Provokationen des Westens"

Kadyrow kommentierte die Festnahmen zunächst nicht. Unmittelbar nach der Tat hatte Kadyrow geschrieben, der Mord sei von "Geheimdiensten des Westens" organisiert worden, um die Lage in Russland zu destabilisieren und die russische Führung zu desavouieren. "Beispiele dafür gibt es sehr viele", fügte Kadyrow hinzu.

Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren einige Feinde des Tschetschenenoberhaupts getötet worden, wie Anna Politikowskaja, Natalia Estemirowa oder der in Wien erschossene Umar Israilow. Kadyrow hatte sich von den Bluttaten anschließend stets distanziert und von einer Provokation gesprochen, die das Ziel habe, ihn zu diskreditieren. (André Ballin, DER STANDARD, 9.3.2015)