Anke Domscheit-Berg ist Internet-Expertin, arbeitete für Microsoft und war Chefin der Piraten im deutschen Bundesland Brandenburg. Dass sie außerdem die Ehefrau des ehemaligen Wikileaks-Sprechers Daniel Domscheit-Berg ist, spricht sie in ihrem Buch über Geschlechtergerechtigkeit selbst an. Die Wahl des richtigen Partners bezeichnet die Mutter eines Teenagers als die wichtigste Entscheidung des Lebens.

In ihrem neuesten Buch, das ein Weckruf sein soll, listet die nunmehrige Unternehmensberaterin zuerst Fakten auf, um zu zeigen, dass Geschlechtergerechtigkeit noch längst nicht auf allen Ebenen gegeben ist. Die Zahlen beziehen sich vor allem auf Deutschland, jene für Österreich sind in der Regel auch nicht besser oder gelten ohnehin für beide Länder.

Es sind auch nicht alle Zahlen nützliches Wissen: Nur sechs Prozent aller Regisseure, die für einen ARD-Sonntagskrimi verantwortlich sind, sind weiblich. Nur acht Prozent aller Kunstwerke weltweit, die für mehr als eine Million Dollar verkauft wurden, stammten von Frauen. Dafür stellen 76 Prozent aller Aktbilder im Metropolitan Museum in New York Frauen dar. Bei den hundert erfolgreichsten Hollywoodfilmen wurde ein Drittel der Rollen von Frauen gespielt.

Dann geht die 47-Jährige auf die einzelnen Bereiche Arbeit, Staat und Medien ein und bringt Beispiele von Alltagssexismus. Anders als die extrem platten Überschriften wie "Butter bei die Fische: Wie geht Geschlechtergerechtigkeit?" vermuten lassen, ist die Herangehensweise an die Themen und Problemstellungen nüchtern und pragmatisch. Sie gibt auch praktische Ratschläge. Die schwer lesbare Form, beide Geschlechter einzubinden - wie Forscher*innen oder Mitarbeiter*innen -, verwendet die Autorin zum Glück nur selten.

Der Mehrwert dieses Buches liegt darin, dass auf jüngste Entwicklungen eingegangen wird, die sich zum Großteil im Netz abspielen. Das sind Kampagnen auf Twitter wie jene unter dem Hashtag #1Frau TV, mit denen auf den geringen Frauenanteil bei Diskussionen im Fernsehen aufmerksam gemacht wird. Der sehr ausführliche Anhang gibt Hinweise auf zahlreiche Websites zur weiteren Vertiefung. Insgesamt bietet das Buch viele praktische Informationen und unterscheidet sich wohltuend von jüngsten Publikationen wie Tussikratie oder Stand up. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 7.3.2015)