Alle Jahre wieder favorisiert die Politik zwei Termine, an denen sie sich mit frauenpolitischen Ansagen medial in Szene setzt. Einer davon ist der Weltfrauentag am 8. März, der zweite folgt mit dem "Equal Pay Day" im Herbst.

Selbst jene Parteien, welche mit Frauenpolitik üblicherweise recht wenig am Hut haben, lassen diese Anlässe nicht verstreichen, ohne medienwirksam auf ihr frauenpolitisches Engagement hinzuweisen. Dass abseits von diesen Ereignissen kaum Raum für Frauenpolitik bleibt, sei hier schon einmal kritisch angemerkt, überrascht letztlich aber wenig. Die Frauenpolitik ist von jeher ein Politikbereich, der von Regierung und Opposition gerne auf das Abstellgleis gedrängt wird, der mit Widerstand konfrontiert ist und den breite Teile der Bevölkerung irgendwo im linken Eck vermuten.

Aufbegehren gegen Frauen

So erlangt das Aufbegehren gegen frauenpolitische Initiativen in den Medien im letzten Jahr wesentlich mehr Aufmerksamkeit als konstruktive Bemühungen um positive Veränderungen für Frauen. In der Öffentlichkeit formiert sich eine prominent besetzte Bewegung gegen den geschlechtergerechten Sprachgebrauch, und als Volksmusiker Andreas Gabalier bei einer öffentlichen Veranstaltung beim Singen der Bundeshymne bewusst auf die Töchter verzichtet, tut dies seinem Heldenstatus im Boulevard keinen Abbruch - im Gegenteil.

Genug andere Probleme

Gesellschaftliche Gleichberechtigung, Sexismus, Diskriminierung bei der Jobvergabe oder Misogynie im Netz als Themen auf dem politischen Parkett? Eher nicht. Es sind dies jene gesellschaftlichen Randthemen, die viele kalt lassen oder sogar aufregen, weil genug andere Probleme den Tag beherrschen. Ein wirtschaftlich und politisch turbulentes Umfeld - wie derzeit - ist schwieriger Nährboden für frauenpolitische Forderungen. Neben den vielen "essenziellen" Problemen, die zu stemmen sind, scheint auch auf der politischen Bühne die nachhinkende Frauenpolitik noch das kleinere Problem zu sein. Zu hoch wäre das ausgemachte Risiko für die Politik, sich mit gesellschaftspolitischen Randthemen zu beschäftigen, für die breite Teile der Bevölkerung (das zeigen Umfragen vor Wahlen immer wieder) weder Interesse noch Verständnis aufbringen. Eine denkbar schlechte Voraussetzung für beherztes politisches Engagement!

Die Politik setzt in letzter Zeit darüber hinaus zu wenige und auch falsche Akzente. Die Zusammenführung des Frauenministeriums mit dem ressourcen- und arbeitsintensiven Bildungsbereich war ein solcher Schachzug, bei dem bereits vorher feststand, dass er sich unmöglich positiv auf die Frauenpolitik im Land auswirken kann. Bezeichnend ist auch der parteiinterne Disput zwischen Politikerinnen und den Parteispitzen, der sich im frauenpolitischen Kontext oft rasch entzündet.

So verrennt sich 2014 ausgerechnet die SPÖ in einem Quotenstreit, der die Partei über Monate hinweg beschäftigt. In der ÖVP werden Frauen, wenn es um feministische Inhalte geht, oft zurückgepfiffen, und selbst die Grünen setzen der Flaute in der Frauenpolitik im vergangen Jahr verblüffend wenig entgegen. Verstärkt zu Wort meldet sich dagegen die FPÖ, welche die Stimmung gegen den "Genderwahn" mit tatkräftiger Unterstützung der Kronen Zeitung erfolgreich für sich nutzen kann.

Ignoranz gegenüber frauenpolitischen Forderungen ist das eine, aber mit dem Themensetting der letzten Zeit hat die Frauenpolitik auch selbst genügend Angriffsfläche geboten. Im vergangenen Jahr wurden im frauenpolitischen Kontext im Wesentlichen zwei Themen kommuniziert - der geschlechtergerechte Sprachgebrauch und die Frauenquote für Politikerinnen. So relevant diese Themen zweifelsohne sind - durch die Vernachlässigung anderer frauenpolitischer Themen haben Politik und Medien gleichermaßen die Frauenpolitik zu einem elitären Nischenprogramm verkommen lassen.

Gender Pay Gap

Es blieben nämlich jene Alltagsthemen auf der Strecke, die vielen Frauen greifbarer und auf die persönliche Situation bezogen essenzieller erscheinen. So etwa ist es kein Ruhmesblatt für die heimische Politik, wenn sich Österreich beim "Gender Pay Gap" im europäischen Vergleich an blamabler vorletzter Stelle findet. Die Steuerentlastung niedriger Gehälter, Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Entwicklungsmöglichkeiten für Frauen in besser bezahlten Berufen sind offene Punkte, die zur Chancengleichheit beitragen können und von der Politik zu oft unreflektiert bleiben.

Blumen streuen

Die Frauenpolitik kämpft in Medien, Politik und im Bewusstsein der Öffentlichkeit nach wie vor um ihre Daseinsberechtigung. Absurd eigentlich, denn zu tun gäbe es auf diesem Gebiet genug. Auch wenn die Gleichstellung von Frauen und Männern längst gesetzlich verankert ist, gibt es eine Vielzahl von Punkten, die zeigen, wie weit Österreich in Wahrheit noch von diesem Anspruch entfernt ist. Und da genügt es dann nicht, wenn sich die Verantwortlichen in der Politik zweimal im Jahr aufraffen, frauenpolitische Floskeln wiederkäuen und den Frauen Blumen streuen. (Maria Pernegger, DER STANDARD, 7.3.2015)