Viertel-Shekel, geprägt in einer philistäischen Münzstätte 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung.

Vs: Gorgoneion

Rs: Löwe reißt Stier; Aramäisch: Yehud

Foto: Israel Museum, Jerusalem

Sesterz, geprägt in Rom 71 nach unserer Zeitrechnung.

Vs: IMP CAES VESPASIAN AVG PM TRP PP COS III; Büste des Vespasian mit Lorbeerkranz nach rechts

Rs: IVDAEA CAPTA (Judäa ist erobert); Vespasian in Rüstung, eine trauernde Judäa sitzt unter einer Dattelpalme

Foto: KHM

Sela, geprägt im Jahr 1 (132 n. Chr.) des Bar-Kochba-Aufstandes.

Vs: Fassade des Tempels; Paläo-Hebräisch: Jerusalem

Rs: Lulav-Bündel, links Etrog-Frucht; Paläo-Hebräisch: Jahr 1 der Erlösung von Israel

Foto: Israel Museum, Jerusalem

Das Gebiet des heutigen Israel im vierten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung.

Wien - Als im Mai 1948 das britische Mandat in Palästina endete, musste sich der neu gegründete Staat Israel neben der akuten Bedrohung durch die arabischen Nachbarn auch mit weitaus banaleren Dingen wie der Gestaltung der Zahlungsmittel und Postwertzeichen des jungen Landes auseinandersetzen.

Der Grafiker Otte Wallish, der auch für das Layout der israelischen Unabhängigkeitserklärung verantwortlich war, wusste um die identitätsstiftende Macht dieser Alltagsobjekte. Er griff für die erste Briefmarkenserie des Landes auf historische Vorbilder zurück: Abbildungen von Münzen aus dem Jüdischen Krieg und dem Bar-Kochba-Aufstand gegen die römische Kolonialmacht zierten seine Entwürfe. Und auch für die ersten israelischen Münzen fanden antike Motive Verwendung. Dieses Anknüpfen an eine jahrtausendealte Identität wird von Israels Zentralbank bis zum heutigen Tag beibehalten, und es wird so eine Kontinuität vom antiken zum modernen jüdischen Staat geschaffen.

Noch jünger als der Staat Israel ist das nach ihm benannte Museum: Im 50. Jahr des Bestehens des Israel-Museums findet nun erstmals eine Kooperation der 1965 unter dem legendären Jerusalemer Bürgermeister Teddy Kollek gegründeten Institution mit dem Kunsthistorischen Museum in Wien statt: Die Ausstellung Münze und Macht im antiken Israel dokumentiert die jüdische Geschichte über einen Zeitraum von sechs Jahrhunderten. Der Bogen wird dabei von den Anfängen des Münzwesens in der Region unter der Perserherrschaft über die hasmonäischen Priesterkönige und Herodes den Großen bis zur Vertreibung der Juden aus Jerusalem unter der Herrschaft Kaiser Hadrians gespannt.

Schätze nach Wien gebracht

Der Kurator der archäologischen Abteilung des Israel-Museums, Haim Gitler, hat hierzu einige der größten Schätze seiner Sammlung nach Wien gebracht. Darunter befindet sich auch die mit rund 2400 Jahren älteste jüdische Münze (Bild links oben), die erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde und im Rahmen der Schau im Münzkabinett zum ersten Mal öffentlich zu sehen ist. Dieses Unikat trägt neben der Abbildung eines Löwen, der einen Stier reißt, die aramäische Inschrift "jhd", also "Jehud", und stammt aus der Zeit der persischen Oberhoheit über die Provinz Juda. Die Vorderseite zeigt ein Gorgonenhaupt, die Darstellungen greifen auf gängige Vorbilder griechischer und philistäischer Münzen zurück.

Nicht nur in unseren Zeiten, sondern bereits in der Antike hatten die Münzausgaben auch eine politische Dimension. Sichtbar wird dies in den Prägungen des Kaisers Vespasian (Bild links Mitte), der mit der Münzinschrift "Iudaea Capta" ("Judäa ist erobert") seinen Sieg im Jüdischen Krieg (66-70) zu Beginn seiner Regierungszeit propagandistisch ausschlachtete. Nach den Bürgerkriegswirren des Vierkaiserjahres 69 brauchte der Begründer der Flavischen Dynastie den Erfolg zur Absicherung seiner Machtbasis.

Mit der Kriegsbeute, unter anderem dem Tempelschatz Jerusalems, finanzierte er den Bau des Kolosseums in Rom. Doch es dauerte noch mehrere Jahre, bis die Römer das letzte Widerstandsnest erobern konnten: Die Festung Masada auf einem unzugänglichen Tafelberg fiel erst im Jahr 74. Um mit ihren Belagerungswaffen anrücken zu können, mussten die Legionäre erst eine gewaltige Rampe an der Bergflanke aufschütten, die noch heute sichtbar ist. Vor der Erstürmung begingen die Belagerten kollektiven Suizid. Dies macht die Festung zu einem Symbol jüdischen Freiheitswillens. Jahrzehntelang leisteten die Angehörigen der israelischen Streitkräfte dort den Schwur "Masada darf nie wieder fallen".

Auch die Prägungen der Aufständischen tragen programmatische Parolen wie "Schekel Israels" oder "Freiheit Zions". Diese Inschriften waren ebenso in Althebräisch verfasst wie jene auf den Münzen des Bar-Kochba-Aufstandes der Jahre 132 bis 135. Die auf einer der Münzen abgebildete Tempelfassade (Bild links unten) sollte an die Wiedererrichtung des von Vespasians Sohn Titus zerstörten zweiten Tempels Jerusalems gemahnen.

Dazu kam es jedoch nicht: Die Revolution des Rebellenführers Simon Bar Kochba, "Sohn des Sterns", endete mit der Zerstörung Jerusalems, das künftig Aelia Capitolina hieß, und führte zur jüdischen Diaspora. Für über 1800 Jahre, bis zur Gründung des Staates Israel, gab es damit auch keine jüdische Münzprägung mehr.

Ein digitaler Katalog

Begleitend zur Ausstellung stellt das KHM unter muenze-und-macht.at einen digitalen Katalog zur Verfügung. Smartphone oder Tablet werden so zu einem sinnvollen Begleiter im Museum, können sie doch gleichsam wie eine Lupe eingesetzt werden, um auf den oft winzigen Objekten feinste Details der Prägungen zu erkennen.

Gestaltet wurde die Schau gemeinsam mit den Instituten für Numismatik und Geldgeschichte respektive für Geografie und Regionalforschung der Universität Wien. Zahlreiche Karten helfen, die Machtverhältnisse der antiken Welt besser zu verstehen, verschiedene Themenbereiche werden in Videos abgehandelt. (Michael Vosatka, DER STANDARD)