Michael Spindelegger, hier bei seiner Rücktrittspressekonferenz Ende August 2014.

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Die heimische Politik erlebt bewegte Tage. Michael Spindelegger soll als prominenter Teilhaber einer Agentur mithelfen, in der Ukraine die Wirtschaft zu entfesseln. Kurz gesagt: Spindelegger wird ein Werkzeug des Weltgeistes.

Man traute seinen Augen nicht, als der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy - gut versteckt in einer "ZiB"-Ausgabe - sich über den Mann aus der Hinterbrühl äußerte. Um die Bedeutung dieser Weltsekunde zu ermessen, muss man kurz nach Luft ringen. Lévy über Spindelegger, das ist so, als ob Jean-Paul Sartre kurz die Arbeit am "Idioten der Familie" unterbrochen hätte (schlappe 1028 Seiten!), um sich lobend über Josef "Happy Pepi" Staribacher zu äußern. Oder über Ingrid Leodolter.

Die 1970er-Jahre sind unwiderruflich vorbei. Mit ihrem Dahinwelken verlieren auch ihre ideologischen Einschreibungen an Wert. Ein höchst gegenwärtiger Spross der Wissenschaft sorgte für eine kleine Sternstunde in der "ZiB 2". Sie dauerte bloß sechs Minuten. Ferdinand Eder rechtfertigte im Zwiegespräch mit Armin Wolf ("ZiB 2") die unter anderem von ihm betriebene Evaluation der "Neuen Mittelschule". Von den 1073 umgemodelten Hauptschulen hat eine erkleckliche Zahl bloß das Türschild geändert. Das Füllhorn staatlicher Zuwendung (sechs zusätzliche Wochenstunden!) sei über alle Schüler gleichmäßig ausgegossen worden.

Und so blieb es einem brillanten Wissenschafter vorbehalten, ohne Entrüstung, dafür mit strahlender Sachkompetenz das (Schul-)Kind beim Namen zu nennen. "Die andere Lernkultur" ist Utopie, solange es, parallel zu ihr, die AHS gibt. In der liest man bestimmt eifrig Bernard-Henri Lévy. (Ronald Pohl, DER STANDARD, 6.3.2015)