Die angeblich "fernen Erben" sind Lederers Nichten und Neffen - so wie auch Maria Altmann eine Nichte Adele Bloch-Bauers war. Im Übrigen gehören zu den Empfängerkreisen der prominentesten österreichischen Restitutionen der letzten Jahre nicht nur Nichten und Neffen, sondern auch eine Vielzahl von karitativen Organisationen - etwa Spitäler, Universitäten, Tierschutzvereine oder das Rote Kreuz -, die Holocaust-Überlebende an Kindes statt einsetzten.

Diesen Nachkommen moralische Verwerflichkeit und Geldgier zu unterstellen (Thomas Nowotny: Der Klimt-Fries ist kein Raubgut, DER STANDARD, 28. Februar) ist geradezu infam. Die Kommission für Provenienzforschung hat den Fall Beethovenfries im Sinne des Gesetzesauftrages von sich aus aufgegriffen. Aus Sicht des Gesetzgebers sind all jene Objekte ausnahmslos zu restituieren, die von den Nationalsozialisten enteignet und nach 1945 mit einer Ausfuhrsperre belegt wurden (beides trifft im Fall Beethovenfries zu). Im Fall eines Ankaufs ist der seinerzeitige Kaufpreis valorisiert zurückzuzahlen (hier konkret 15 Millionen Schilling).

Der von Nowotny angeführte Brief, in dem sich Bundeskanzler Bruno Kreisky vor der Mäzenatenfamilie Lederer verneigte, stammt übrigens aus der Feder von Belvedere-Direktor Hans Aurenhammer - der sich auch deshalb für eine Einigung einsetzte, weil man Erich Lederer über Jahrzehnte hinweg kein einziges "seriöses Angebot" gemacht hatte.

Selektiv zitiert

Es fällt auf, dass Nowotny bewusst selektiv aus den ihm vorliegenden Unterlagen zitiert. Dadurch verschweigt er, dass die vom Bundesdenkmalamt kalkulierten Restaurierungskosten von fünf Millionen Schilling auf einem eklatanten Rechenfehler basierten. Die Beamten hatten sich um eine ganze Dezimalstelle verrechnet - die Kosten beliefen sich in Wahrheit auf ein Zehntel der in den Verhandlungen fälschlich vorgebrachten Zahlen.

Nowotny irrt auch, wenn er meint, das Ausfuhrverbot sei 1970 von keiner Bedeutung gewesen. Im Ministerrat 1972 ist genau von diesem Ausfuhrverbot die Rede. Kurz zuvor war zu Protokoll gegeben worden, warum der Fries nicht unter Denkmalschutz gestellt worden war: Dies hätte nämlich gegenüber dem "bekannt schwierigen Eigentümer" das öffentliche Interesse Österreichs in einem solchen Maße dokumentiert, dass dessen unbedingte Erwerbung die Konsequenz hätte bilden müssen.

In einem Rechtsstaat dürfen nicht subjektive "moralische" Interpretationen maßgeblich sein, sondern ausschließlich das von Nowotny abschätzig genannte "formale Recht". Es wäre an der Zeit, das Kunstrückgabegesetz wörtlich zu nehmen - was wiederum hieße, den Beethovenfries an die Erben nach Erich Lederer zu restituieren. (Sophie Lillie, DER STANDARD, 5.3.2015)