900 ausgestellte Fahrzeuge, 130 neue Modelle: In der Schweiz lassen die Hersteller die Krisenjahre endgültig hinter sich. Das Einheitsauto ist einheitlich abgesagt

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Zum 85. Mal geht heuer der Genfer Autosalon über die Bühne, und dass er seine Stellung als eine der international bedeutendsten Branchenmessen behauptet, ist ein erstaunliches Faktum angesichts des dramatischen Wandels in der Autowelt – bedingt durch das Hinzutreten neuer Riesenmärkte wie China. Die Tokyo Motor Show beispielsweise hat das nicht geschafft, die Heimatmesse der weltgrößten Automobilnation hat inzwischen nur mehr regionale Bedeutung, auch die Detroit Auto Show schrammt seit Jahren hart an der Marginalisierung herum.

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Genf also. Zum europäischen Frühjahrstreffen meldet der Veranstalter "über 130 neue Modelle und Konzept Cars", die Palexpo-Hallen, wo sich der Salon abspielt, seien "bis auf den letzten Quadratmeter ausgebucht", und von den insgesamt rund 900 ausgestellten Fahrzeugen entsprächen fast 100 schon den Abgasnormen von 2021 – man könnte auch sagen: erst, aber die Bestandsaufnahme zeigt, welche technologischen Anstrengungen die Branche unternimmt, um sich zukunftsfähig zu machen.

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Für heuer prognostizieren Experten ein weiteres Boomjahr (inklusive Stabiliserung der europäischen Märkte), erstmals soll der Pkw-Absatz die 90-Millionen-Hürde nehmen. Vor diesem Hintergrund verraten auch die jüngsten Jahresbilanzen eine erfreuliche Tendenz: Frankreichs Hersteller haben sich wieder erfangen. PSA (Peugeot, Citroën) meldet sich in der Gewinnzone zurück, und Renault konnte seine operative Marge steigern. In einer Modellflut schlägt sich das noch nicht nieder (einzige echte Weltpremiere in Genf ist der Renault Kadjar), aber die Richtung stimmt.

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Auffällig ist ferner, dass die Japaner und Koreaner, die in den vergangenen Jahren einen verhaltenen Auftritt hingelegt hatten, diesmal richtig Gas geben, auch mit etlichen Fahrzeuge, die auf Europa zugeschnitten sind. Und die Deutschen? Bleiben weiterhin auf Erfolgskurs, bleiben weiterhin beeindruckend modelloffensiv.

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Was das konkrete Fahrzeugangebot betrifft, so schreitet die Diversifizierung weiter voran, noch nie war die Modellvielfalt so groß, das Einheitsauto ist einheitlich abgesagt, in Genf zeigt sich das ganz deutlich. Gleichzeitig setzt sich - zumindest bei den Concept Cars - der Trend zum Plug-In-Hybriden fort. Einzelne Elektro-Ambitionen gibt es, wie etwa den Quant von Nano Flowcell aus Liechtenstein. Der Wille zur Besinnung auf ökologische Werte, der noch im Schatten der Finanzkrise erkennbar war, bleibt aber bloß als solcher erkennbar. Und damit zu den Highlights der Show, alphabetisch gegliedert nach Konzernen.

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Aston Martin will wieder in die Gänge kommen und zeigt in dieser Sache die Studie DBX. Das Crossover vereint Coupé- und SUV-Elemente und soll in einigen Jahren vor allem Kunden aus China, dem Mittleren Osten und den USA ansprechen.

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BMW nimmt sich Grimms Märchen vor und baut ein Auto für sieben Zwerge. Nein, halt, falsch, es dürfen sogar Erwachsene sein: Mit dem 2er Grand Tourer betreten die Bayern endgültig die Van-Liga (was der 2er Active Tourer noch etwas kaschieren konnte), und weil er obendrein auf der Frontantriebsarchitektur steht, bezeichnen ihn boshafte Zeitgenossen bereits als Oje-BMW.

Foto: bmw

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Tun wir natürlich nicht, sondern berichten die Fakten: 4,56 m Länge, bis zu sieben Sitzplätze, Juni ist Markteinführung. Motorenprogramm: drei Ottos, vier Diesel (102 bis 190 PS), Preise: 28.500 bis 40.650 €.

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Außerdem: Facelift für den 1er. Der Kompakte hat den etwas tumben Blick abgelegt und sieht jetzt eindeutig nach BMW aus.

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DAIMLER Was für die Basis und was für das genaue Gegenteil: Bei Mercedes heißen die Genf-Debütanten CLA Shooting Brake und Mercedes-Maybach Pullman. Der Laderaum-CLA wiederholt das Erfolgsrezept (coupéartig anmutender Kombi) des CLS Shooting Brake zwei Klassen darunter, lässiges Vielseitigkeitsgerät mit breiter Antriebspalette (vier Benziner, zwei Diesel, 122 bis 360 PS) und Preisen von 32.540 bis 65.480 €. Ab sofort erhältlich.

Foto: daimler

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Und dann bog in Genf der da um die Ecke: Mercedes-Maybach Pullman. Den lanciert der Hersteller zum 50-Jahr-Jubiläum des legendären Mercedes-Benz 600. Platz, Technik und Luxus bis zum Abwinken, so soll der 6,5-Meter-Riegel eine erste Antwort auf Rolls-Royce und Bentley sein, nachdem das mit Maybach nicht so recht geklappt hat.

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Die Motorisierung – 6,0-Liter-V12-Biturbo mit 530 PS – darf man als standesgemäß bezeichnen, die erste preisliche Daumenpeilung liegt bei rund einer halben Million Euro (vor Steuern), los geht’s Anfang 2016. Dann darf diese Lederlounge bezogen werden.

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Die rabiate Alternative für die private Rennstrecke gibt der AMG GT. Nach dem Ende des AMG SLS gibt es also bei Fans der Szene keinen Grund, Trübsal zu blasen. Kommt als astreiner GT-Racer mit 6,3-Liter-V8 oder mit Straßenzulassung, dann mit V8-Biturbo.

foto: ap/cipriani

Ganz und gar ernsthaft ist auch dieses Showcar, der Mercedes G500 4x42. Die angeblich seriennahe Studie ist Vorbild für einen Extrem-Kraxler, der dank 422 PS und Portalachsen jedes noch so schwierige Gelände in ein bestenfalls keckes Feldweglein verwandeln soll.

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Ach ja: Europa-Premiere für das GLE Coupé. Der X6-Gegner kommt im Juli.

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FIAT CHRYSLER schickte Fiat mit kleineren technischen und optischen Novitäten nach Genf. Richtig Spannendes tat sich hingegen bei Ferrari. Mit dem 458-Nachfolger namens 488 GTB ist der nächste Sauger-Motor bei Ferrari verschwunden. Stattdessen werkt in Mittellage ein Turbo-V8 mit 670 PS. Maximales Drehmoment: 760 Nm. Die Leistungsdaten können sich sehen lassen: 0-200 km/h in 8,3 Sekunden, 100 km/h werden nach 3,0 Sekunden versprochen. An guten Tagen sollte man damit einen Lamborghini Aventador abhängen.

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Und der Alfa Romeo 4C Spider ist nach seinem Debüt in Detroit endlich in Europa angelandet.

Foto: ap/cipriani

FORD Bei Ford wird der geneigte Ami-Fan das Hauptaugenmerk auf den neuen Mustang werfen, der im September auch nach Österreich kommt. Welcher Motor das US-Erbe verwaltet, dürfte klar sein: V8 mit 5,0 Liter Hubraum und 418 PS.

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Dennoch wird bei uns wohl die Downsizing-Maschine das Rennen machen, ein 2,3-Liter-4-Zylinder mit 314 PS. Kostenpunkt? Coupé ab 42.400, Cabrio ab 47.500 €.

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Focus RS: Der Allrad-Volkssportler leistet wohl über 320 PS und startet Anfang 2016.

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GM Eindeutig wieder Tritt gefasst hat Opel, und die deutsche GM-Tochter untermauert dies modelloffensiv. Weltpremiere feiert der Karl, der auf 3,68 m Kürze (ein Tick größer als der VW up!, ein Tick kleiner als der Opel Adam) zeigt, was ein moderner Kleinwagen ist und kann.

Foto: opel

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Zum Beispiel wahlweise fünf Insassen transportieren oder 940 Liter Gepäck schlucken. Ab Ende Mai, der Einstiegspreis wird deutlich unter 10.000 € liegen. Ein Stückerl größer, aber immer noch Kleinwagen: Der Corsa bekommt einen krawalligen OPC-Ableger – mit 1,6-Liter-Turbo und 207 PS.

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HONDA geigt diesmal groß auf, mit den (Europa-) Premieren von Jazz (Bild; ab Spätsommer), HR-V (Einstiegs-SUV; ab Spätsommer), Civic Type R (310-PS-GTI-Schreck; ab Sommer) ...

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... und NSX (Allrad-Hybrid-Supersportwagen; ab Anfang 2016). Zudem unterstreicht man mit dem Brennstoffzellen-Elektroauto FCV Concept Zukunftsantriebskompetenz.

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HYUNDAI Der Autoriese aus Korea demonstriert unter Designoberaufsicht von Peter Schreyer, wer unter den Fernostmarken derzeit die ästhetische Oberhoheit innehat – und tut dies vor allem mit zwei Autos: Hyundai Tucson (Bild) und Kia Sportspace. Der Nachfolger des ix35 ist ein stimmiger, 4,48 m langer SUV geworden, der im September zu den Händlern kommt – mit zwei Benzinern und drei Dieseln (115–184 PS) sowie Allrad und Frontantrieb.

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Außerdem: Publikumspremiere für das i20 Coupé, Österreichstart: Herbst.

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Beim Kia Sportspace wird’s noch ein bisserl dauern, es handelt sich nämlich um eine Studie. Die aber wird so ähnlich in der zweiten Jahreshälfte 2016 als Optima Kombi eine konkrete Rolle spielen. Außerdem: Facelift Kia Picanto. Ab April. (Andreas Stockinger aus Genf, sts, derStandard.at, 3.3.2015)

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Foto: apa/campardo