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Markus Salcher konnte aus seinen Paralympics-Siegen keinen großen Profit schlagen.

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In Speeddisziplinen tut sich der 23-Jährige mit seiner Behinderung leichter. Bei der WM in Panorama hat der Titelverteidiger am Mittwoch in der Abfahrt seine erste große Chance auf Gold.

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Standard: Können Sie sich Interviewanfragen erwehren, seit Sie Paralympics-Sieger sind?

Salcher: Natürlich. Die medienintensive Zeit hat zwei Wochen gedauert. Danach ist es abgeflaut. Deswegen habe ich keine Probleme, wenn Sie mich anrufen.

Standard: Wie viele von hundert Leuten auf der Straße, glauben Sie, kennen Markus Salcher?

Salcher: In Wien wohl nicht so viele. In Klagenfurt etwas mehr. Ich glaube, dass ich schon ein bisschen einen Namen habe, aber man muss sich in der Sportszene auskennen. Wegen eines Fotos oder eines Autogramms werde ich kaum angesprochen.

Standard: Hätten Sie gerne mehr Aufmerksamkeit?

Salcher: Natürlich. Für den gesamten Behindertensport wäre es gut, wenn ein paar Aushängeschilder mehr in der Öffentlichkeit stehen würden.

Standard: Ist es schwierig, sich nach den Paralympics wieder neu zu motivieren?

Salcher: Meine Motivation ist ziemlich hoch, weil ich einfach gern Ski fahre. Ich messe mich gerne mit anderen. Natürlich möchte ich der Beste sein. Aber ich fahre nicht wegen der Medienpräsenz.

Standard: Wie sind Ihre Erwartungen für die WM?

Salcher: In Abfahrt und Super-G bin ich Titelverteidiger. Da will ich wieder Vollgas geben. Die Erwartung ist: eine Medaille, egal welche Farbe.

Standard: Warum liegen Ihnen die Speeddisziplinen besser?

Salcher: Da tue ich mir mit meiner Behinderung am leichtesten. Im Slalom ist Schnellkraft gefragt, und die kann ich mit meinem rechten Bein nicht aufbringen. In der Abfahrt kann ich in der Hocke sein, das funktioniert recht gut, im Super-G sind langgezogene Kurven, das geht auch noch. Im Riesentorlauf wird es schon kritisch. Das war ein Riesenglück, dass ich in Sotschi Bronze gewonnen habe. Es ist ziemlich hart für mich, im Riesentorlauf Schritt zu halten.

Standard: Sind Sie mit dem Saisonverlauf zufrieden?

Salcher: Zu Beginn des Winters war es schwierig. Vor Weihnachten war ich krank. Außerdem haben wir Ski gewechselt. Wir fahren jetzt einen weiteren Radius - den gleichen, den die nichtbehinderten Damen fahren. Riesentorlaufski zum Beispiel sind von 27 auf 30 Meter Radius hinaufgegangen. Das klingt zwar nicht so viel, aber es ist dadurch jeder Schwung ein bisschen anstrengender zu fahren. Außerdem muss man eine andere Linie wählen. Das habe ich erst lernen müssen. Aber ich habe mich im Saisonverlauf stetig gesteigert. Deswegen habe ich ein gutes Gefühl.

Standard: Wie viele Zuschauer kommen zu Rennen der Behinderten-Skifahrer?

Salcher: Bei Europacuprennen in Österreich sind wir froh, wenn eine Schulklasse vorbeikommt, die ein bisschen schreit. Im Weltcup ist auch kaum einmal ein Zuschauer da. Nur die Paralympics ziehen Menschen an, weil die Eintrittspreise im Vergleich zu Olympia viel günstiger sind. Ansonsten sind wir unter dem Radar. Bei der WM in Panorama, hoffe ich, dass zumindest Schüler kommen werden.

Standard: Kommen Ihnen die Strecken in Panorama entgegen?

Salcher: Die kommen mir super entgegen. Es ist eine Gleitpassage drinnen, was gut für mich ist. Die Abfahrt gefällt mir sehr.

Standard: Vor den Paralympics in Sotschi wurde mehr über den ehemaligen Weltcup-Läufer Matthias Lanzinger berichtet als über Sie. Hat Sie das gestört?

Salcher: Nein. Ich habe mich dafür in Ruhe vorbereiten können. Ich glaube, das Medieninteresse an Matthias Lanzinger ist nach wie vor größer als an mir, weil er eine bewegtere Vergangenheit hat. Er bringt ja auch Medien - und das ist gut. Und immer wenn ich ihn hinter mir lasse, muss auch über mich berichtet werden. Es war gut für mich, dass ich in der Abfahrt die einzige Medaille für Österreich geholt habe, dadurch hatte ich die volle Medienpräsenz.

Standard: Wie viel Geld kann man als Paralympics-Sieger verdienen?

Salcher: Abgesehen davon, dass ich bei der Sporthilfe und Zollsportler bin, habe ich aus den Erfolgen bei den Paralympics, außer den Medaillenprämien, die nicht so hoch sind wie bei den Nichtbehinderten, keinen großen finanziellen Nutzen ziehen können. Kleinere Sponsoren habe ich gefunden, aber keinen Kopfsponsor.

Standard: Seit 2006 gibt es viel weniger Klasseneinteilungen im Behindertensport. Empfinden Sie diese als gerecht?

Salcher: Wenn man ein erhöhtes Medieninteresse haben will, ist das der einzig richtige Weg. Mit drei Goldmedaillen pro Disziplin kann man eher ein Publikum ansprechen, als mit zwölf oder 13. Ich finde das System halbwegs gerecht. Es wird nie 100-prozentig gerecht sein. Was beim Zeitfaktor nicht berücksichtig wird, sind die Schwierigkeit, die Steilheit der Piste, der Schnee. Ich tue mir zum Beispiel leichter, wenn es griffig ist, da kann ich mit dem rechten Bein auch ein bisschen ziehen, oder auch wenn es flacher ist.

Standard: Wäre es sinnvoll, gemeinsame Veranstaltungen mit Nichtbehinderten abzuhalten?

Salcher: Wir haben im Jahr drei, vier Parallelevents, bei denen wir gegen Nichtbehinderte fahren, dabei eine Zeitgutschrift bekommen. Optimal ist es bei Paralympics, wenn wir nach den Nichtbehinderten am Wettkampfort sind - sowohl für den Veranstalter als auch für uns.

Standard: Sie sind als Behindertensportler seit kurzem im Österreichischen Skiverband integriert. Was hat sich dadurch geändert?

Salcher: Wir haben neue VW-Busse bekommen und einen fix angestellten Wachsler. Ansonsten hat sich recht wenig geändert. Um das Geld kämpft jetzt der ÖSV, aber die Kassa ist gleich leer wie vor dem Zusammenschluss. (Birgit Riezinger, DER STANDARD, 4.3.2015)