Lech – Der Lecher Bürgermeister Ludwig Muxel (VP) ist fast allein im Gemeindehaus. Bei der letzten Sitzung der Gemeindevertretung vor der Wahl am 15. März verabschiedeten sich neun der 15 Gemeindevertreter. Übrig blieben Bürgermeister und Gemeindevorstand.

Offiziell ist von Arbeitsüberlastung und familiären Gründen der Scheidenden die Rede. Verschwiegenheit gilt als wesentliche Tugend Lecher Kommunalpolitiker. Man ist verwandt, verschwägert, macht miteinander Geschäfte. "In kleinen Kommunen getraut sich keiner was zu sagen, weil die Abhängigkeiten groß sind", sagt Thomas Eggler, Hotelier aus Zürs.

Der langjährige Obmann des Prüfungsausschusses nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Zu sehr habe die politische Kultur im Dorf die letzten Jahre gelitten. Eggler wirft Muxel und dem Gemeindevorstand mangelnde Transparenz und eigenmächtiges Handeln vor: "Es gab drei Formen der Kommunikation: keine Information, Teilinformation oder Falschinformation." Muxel zur Kritik: "Die muss ich akzeptieren. Künftig wird man mehr mit den Mandataren besprechen." An Rücktritt denke er nicht, sagte der Bürgermeister zum STANDARD.

Das Fass zum Überlaufen brachten in der Gemeindestube Fehlinformationen zu einer Ferienwohnungswidmung für den Rennfahrer Sebastian Vettel, die durch eine Landtagsanfrage der FPÖ aufgedeckt wurde. Bürgermeister Muxel, der immer beteuert hatte, Lech müsse Dorf bleiben, deshalb würden keine neuen Ferienwohnungswidmungen erteilt, hatte das Gegenteil gemacht.

Feriendomizile für Promis

In Lech wurden in den vergangenen zehn Jahren 23 neue Widmungen erteilt. Unter den Nutznießern sind internationale Wirtschaftsbosse. Was Lecher Bürger besonders erbost: Einheimische müssen oft jahrelang und erfolglos um Widmungen kämpfen, Prominente bekommen sie nach Gutdünken. Muxel verweist auf das Raumplanungsgesetz, das solche Entscheidungen zulasse, aber ohnehin bald geändert werde.

Für Ferienwohnungen rollt in Lech der Euro. Millionenbeträge wechseln die Besitzer. "Gleichzeitig steigen die Mietpreise für Einheimische und Mitarbeiter ins Unbezahlbare, da extrem hohePreise für Ferienwohnungen bezahlt werden", stellt Eggler fest. Aktuell liegen 75 Neuanträge in der Gemeinde. Eggler: "Wir haben eine Dichte an Ferienwohnungen, die jetzt schon viel zu hoch ist. Offiziell sind es 40 Prozent." Ein wesentliches Problem der hohen Dichte sei das Fehlen nachhaltiger Wertschöpfung: "Die Kosten für das Gemeinwesen werden durch den steigenden Bedarf an Infrastruktur immer höher."

Wird es 75 neue Genehmigungen geben? Muxel: "Die Gremien werden darüber entscheiden." Wer nach dem 15. März in den Gremien sitzen wird, ist noch ungewiss. In Lech wird nach Mehrheitswahlverfahren, ohne Partei listen, gewählt. Das heißt: Jeder kann jeden wählen. Offiziell wird nicht wahlgekämpft. Unter der Schneedecke schon. (Jutta Berger, DER STANDARD, 3.3.2015)