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Edel und flott, doch abermals kein großer Wurf: Das HTC One M9.

Foto: APA

Neues Jahr, neues Glück: Der taiwanische Elektronikhersteller HTC hat am Mobile World Congress in Barcelona die dritte Generation seines "One"-Flaggschiffs in die raue See des Smartphone-Markts stechen lassen. M9 ist der Modellname der 2015er-Generation und all zu viele Überraschungen hatte der Konzern zur Präsentation nicht mehr in petto, waren doch Bilder, Spezifikationen und sogar mehrere Werbeclips schon im Vorfeld ins Internet entkommen.

Einen wirklich guten Blick auf das Gerät konnte jedoch The Verge-Redakteur Vlad Savov werfen, der sich bereits im Vorfeld des MWC-Events mehrere Wochen damit beschäftigen konnte. Für ihn stellt das One M9 die "schönste Enttäuschung der Welt" dar.

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Gute Verarbeitung, bewährtes Design

Diese Bewertung, die zwischen überschwänglichem Lob und vernichtender Kritik schwankt, hat freilich vielschichtige Begründungen. Äußerlich ist das neue One von seinem Vorgänger kaum zu unterscheiden, man folgt dem bekannten Design. Hie und da hat HTC an Details gefeilt, so ist etwa der Rahmen rund ums Display nun ein Bauteil und besteht nicht mehr aus zwei Teilen. Ein diskutabler Aspekt sind die Boomsound-Lautsprecher auf der Ober- und Unterseite. Es ist fraglich, ob deren Nutzen den Nachteil – die wenig komfortable Verlängerung des Gehäuses – überwiegen kann.

Die Verarbeitung des Alu-Gehäuses ist ausgesprochen hochwertig, der Hersteller selbst wird nicht müde, zu betonen, dass der Fertigungsprozess 70 Schritte umfasst und fünf Stunden dauert.. Dazu wurde an der Oberflächentextur und Formung gefeilt. Das M9 hat betontere Kanten und lässt sich sicher in einer Hand halten. Ein ergonomischer Fortschritt ist auch die Verschiebung des Einschaltknopfes auf die rechte Seite, wo er nun unterhalb der Lautstärketasten liegt.

Foto: HTC

Hardwareupgrade

Dem QHD-Trend verweigert sicht HTC und platziert auf der Gerätefront ein Fünf-Zoll-Display mit Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080). Dieses liefert, wie schon bei den vorherigen Generationen, knackige Farben und Kontraste in Verbund mit hoher Helligkeit. Die Hardware darunter erfährt das erwartete Upgrade.

So werkt ein Snapdragon 810-Chip von Qualcomm mit satter Arbeitsspeicherausstattung unter der Haube. Das Schicksal des M9 ist dementsprechend keine Leistungsfrage. Das gilt aber auch schon für die früheren Modelle.

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Enttäuschende Kamera

Mit dem Einbau einer 20-Megapixel-Kamera auf der Rückseite will HTC einem der größten bisherigen Kritikpunkte begegnen. Allerdings muss das Unternehmen dabei lernen, dass höhere Auflösung nicht zwingend mit besserer Bildqualität korrelliert. Fotos nimmt das Gerät zwar fast verzögerungsfrei auf, jedoch weisen viele Aufnahmen deutliches Rauschen auf.

Da es auch keine optische Bildstabilisierung gibt – HTC argumentiert dies mit Platzmangel – erweisen sich die Aufnahmen unter schlechteren Lichtbedingungen laut Savov als "Disaster". Das Seitenverhältnis der Fotos liegt Standardmäßig bei 10:7, eine Umstellung auf 4:3 ist nicht möglich.

Das ist gleich doppelt schade, legt der Hersteller doch offensichtlich Wert darauf, sein Handy auch als gutes Kamera-Phone zu vermarkten. Dafür essentielle Features wie 4K-Videos und Aufnahmen im RAW-Format wären auch vorhanden. Die Kamerasoftware Zoe bringt auch zahlreiche Filter und Bearbeitungsmöglichkeiten mit, aber keine "Killerfeatures".

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Fragwürdiges Sense-Update

Der große Wurf ist auch mit dem Update für die eigene Android-Oberfläche Sense auf Version 7.0 nicht geglückt. Diese basiert auf Android 5.0. Der News-Aggregator Blinkfeed kann sich nun in den Sperrbildschirm einklinken und dort Informationen einblenden, die für den Nutzer im Kontext wichtig sein sollen. In der Praxis bestanden sie meist aus Yelp-Empfehlungen für nahe gelegene Restaurants, schildert Savov. Dazu gibt es einen Smart-Launcher, der ebenfalls kontextorientiert zwischen verschiedenen App-Sets umschalten kann – etwa zwischen den meistgenutzten Programmen im Büro und daheim.

Das Problem: All diese Funktionen verlangen eine regelmäßige Standortübertraguing. Das wird insbesonder Nutzern nicht gefallen, die viel Wert auf ihre Privatsphäre legen. Dass HTC diese Features künftig mit Sponsored Apps und Werbung auch noch monetarisieren möchte, verbessert den Eindruck nicht gerade.

Fazit

Was übrig bleibt, ist ein Smartphone, dass in puncto Verarbeitung, Design und Display mit absoluter Hochwertigkeit zu gefallen weiß und in dieser Hinsicht die Qualitäten seiner Vorgänger mitbringt. An Leistung mangelt es dem One M9 ebenfalls nicht. Doch das wohl wichtigste Upgrade, die Kamera, ist missglückt. 20 Megapixel liest sich schön, bringt jedoch in diesem Fall keine Vorteile. Sense 7 unterscheidet sich nicht all zu sehr von Version 6 und die neuen Funktionen bergen ihre Tücken.

HTC ist nun schon seit längerem in Turbulenzen und kämpft mit niedrigen Marktanteilen im Smartphone-Geschäft. Ob das One M9, das zum Premium-Preis vermarktet wird, daran etwas signifikant zum Positiven verändern kann, ist fraglich. (gpi, derStandard.at, 02.03.2015)