Kalkuliert: Nützliche Folgen für Produktivität und Gesundheit glücklicher Mitarbeiter.

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Im Jahr 2010 schrieb Tony Hsieh, der Gründer des Online-Shops Zappos, ein Buch mit dem Titel "Delivering Happiness". Glück liefern. Der Entrepreneur ließ sich strahlend mit Paketen ablichten, das Buch wurde ein Bestseller. Wenn Zappos Schuhe liefert, so das Versprechen, liefert es gleichsam Glück. Hsieh ist heute nicht nur CEO seines Unternehmens, sondern auch der Chief Happiness Officer (CHO). Es ist kein Witz. Immer mehr Führungskräfte von Start-ups und Technikunternehmen im Silicon Valley führen diesen Namen im Titel. Was macht eigentlich ein Chief Happiness Officer? Und was erklärt die rasche Verbreitung?

Glücksstrategie

Alexander Kjerulf ist Chief Happiness Officer des dänischen Start-ups Woohoo. "Die Unternehmen merken, dass glückliche Arbeitskräfte glückliche Kunden haben und mehr Geld verdienen", sagt Kjerulf im Gespräch mit dieser Zeitung. Studien belegten, dass glückliche Mitarbeiter produktiver, innovativer und motivierter sind. Sie würden zudem weniger krank und bleiben länger beim Unternehmen. Glückliche Kunden seien loyal und empfehlen das Produkt oder die Dienstleistung weiter. "Der beste Weg, Kunden glücklich zu machen, ist es, glückliche Angestellte zu haben, weil die sich am besten um sie kümmern", behauptet Kjerulf. Von daher sei es nur konsequent, einen Glücksvorstand zu berufen. "Man wird sie nicht immer Chief Happiness Officer nennen, aber es ist eine Person, die sich selbst dafür verantwortlich sieht, die Organisation glücklich zu machen." Eine Art Gute-Laune-Bär vom Dienst. "Manchmal ist die Rolle intern auf Mitarbeiter beschränkt, manchmal aber auch nach außen auf Kunden gerichtet", erklärt Kjerulf. "Der Job ist sowohl inspirativ als praktisch. Die Person sollte selbst glücklich sein. Und es sollte jemand sein, der andere von Natur aus zu Glück inspirieren kann, der in der Lage ist, sich um den Wohlfühlfaktor am Arbeitsplatz zu kümmern", beschreibt Kjerulf das Anforderungsprofil. "Die Aufgabe des CHO besteht darin, Initiativen durchzuführen, etwa die Organisation von Feiern, Trainings, Events und ähnlichen Aktivitäten am Arbeitsplatz, die den Mitarbeitern helfen, gute Arbeit zu leisten."

Google ging voran

Wer glaubt, dass es sich bei dem Posten um einen Jux handelt, sieht sich getäuscht. Chade-Meng Tan führt bei Google offiziell den Titel CHO im Profil. Googles Mitarbeiter gelten als äußerst glücklich. Im Hauptquartier in Mountain View können die Angestellten von Etage zu Etage rutschen, in zu Sesseln umfunktionierten Schiffen ihre kreativen Ideen ausleben und in einer "Stresskapsel" abschalten. Googles zahlreiche Campusse spiegeln die Philosophie wieder, den "glücklichsten, produktivsten Arbeitsplatz auf der Welt zu schaffen", wie es Sprecher Jordan Newman einmal formulierte. Google ist eine Glücklich-Mach-Maschine. In den geheimen Google-Laboren tüfteln Ingenieure an den Algorithmen des Glücks. Im Silicon Valley ist Glück nicht etwas, was man findet, sondern kauft und geliefert bekommt.

Skepsis ist angebracht

"Unternehmen wie Google wollen etwas kodifizieren, das individuell und persönlich ist und es innerhalb der Organisation verbreiten, um die Arbeitskräfte effektiver und effizienter zu machen", erklärt der Wirtschaftsprofessor Martin Ihlig von der Wharton School der University of Pennsylvania. Der Chief Happiness Officer sei nicht nur dazu da, die Mitarbeiter bei Laune zu halten, sondern auch, um neue Talente anzuwerben. "Es gibt speziell im Silicon Valley großen Bedarf an hochqualifizierten Kräften, somit ist es nachvollziehbar, dass Unternehmen wie Google in das Glück ihrer Mitarbeiter investieren." Gleichzeitig wollen die Unternehmen die Kundenzufriedenheit erhöhen. "Das Wissen, wie man die fundamentalen Bedürfnisse der Hauptkundensegmente befriedigt, wird immer wichtiger", so Managementexperte Ihlig. Die Messung des Glücksbefindens sei allerdings schwierig. (DER STANDARD, 28.02./01.03.2015)