Es geht um die Glaubwürdigkeit der Republik - um nicht mehr und nicht weniger. Mehr als 5,5 Milliarden Euro wurden bisher in der Hypo Alpe Adria versenkt, und ein Ende ist noch nicht absehbar. Das ist Geld der Republik. Das Geld der Steuerzahler. Um dieses Geld hätte man das Gesundheitssystem oder die Schulen und Universitäten sanieren können. Um dieses Geld hätte man längst eine Steuerreform finanzieren können - ohne jemanden zusätzlich zu belasten.

Es ist Geld, das offenbar auch ohne Not in einer Bank vernichtet wurde. Durch das Unvermögen von Politikern, durch ihre Nachlässigkeit und Fahrlässigkeit, durch ihr Zutun oder Wegschauen, ihr Nichtwollen oder Nichtkönnen. In manchen Fällen steckte wohl auch Absicht dahinter, es geht um Bereicherung, direkt oder indirekt. Auch die Aufsicht hat versagt, in jeder Hinsicht. Die vermeintliche Sanierung hat noch einmal viel Geld gekostet. Es war ein Multiorganversagen des politischen Systems.

Die Gerichte sind bereits ausreichend mit dem Milliardendebakel befasst, jetzt geht es um die politische Aufarbeitung dieses Skandals. Es geht auch darum, Schuldige zu finden. Und zur Verantwortung zu ziehen, auch wenn dies in den meisten Fällen nur auf einer symbolischen, moralischen Ebene möglich sein wird. Die direkt damit befasst gewesenen Politiker sind entweder verstorben, wie Kärntens ehemaliger Landeshauptmann Jörg Haider, oder nicht mehr in ihren politischen Ämtern, wie Josef Pröll, Maria Fekter oder Michael Spindelegger als ehemalige Finanzminister.

Aber auch Bundeskanzler Werner Faymann wird sich nicht aus der Verantwortung winden können. Selbst wenn er nur ausbaden muss, was andere angerichtet haben, er hat sich zumindest des Wegschauens und des Verzögerns schuldig gemacht. Unter seiner Kanzlerschaft hat die Aufsicht versagt, ist die Sanierung gescheitert, wurde die Bank schließlich verstaatlicht. Jetzt ist es "unsere" Bank, "unser" Problem, "unser" Geld - das Geld der Steuerzahler. Und das Vertrauen in die Politik, die Situation noch irgendwie in den Griff zu bekommen und den Schaden zumindest zu begrenzen, ist gegen null gesunken. Dass Faymann seine Vertraute Doris Bures in den Nationalrat geschickt hat, wo sie als Nationalratspräsidentin und Vorsitzende des U-Ausschusses diesen auch unter Kontrolle halten kann, mag als Beleg eines schlechten Gewissens gewertet werden.

Der Ausschuss, der am Donnerstag seine Arbeit aufgenommen hat, kann dennoch wesentlich dazu beitragen, das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen, wenigstens ansatzweise. Es ist eine schwerwiegende Aufgabe. Bei der politischen Aufarbeitung des Debakels geht es auch darum, für Hygiene zu sorgen - die Fakten und Hintergründe auf den Tisch zu legen und die Beteiligten und Zeugen des Skandals, die sich bisher nicht äußern wollten (Pröll, Fekter, Spindelegger ...), auf ihre Verantwortung abzuklopfen - und sie klar zu benennen.

Die neuen Regeln, die sich der Ausschuss auf Drängen der Opposition und letztlich unter Zustimmung der Regierung verpasst hat, bieten einen brauchbaren Rahmen. Jetzt liegt es an den Abgeordneten und der Vorsitzführung, dieser Verantwortung nachzukommen. Es liegt an den Vertretern der Opposition, die Aufklärung voranzutreiben, und an den Vertretern der Regierung, diese zumindest nicht zu behindern. Es ist eine Chance. (Michael Völker, DER STANDARD, 27.2.2015)