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Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl fordert auf der SPÖ-Klubtagung neue Gemeindewohnungen.

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Häupl spricht sich gegen eine Gebührenerhöhung in Wien aus.

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Rust - Eine gute Stunde von Wien entfernt gelegen, dient das Seehotel Rust im Burgenland der Wiener SPÖ seit 1984 als Tagungsort für die Klubklausur. Was sich dort jährlich wiederholt: Die Rede des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl in der Tennishalle des Hotels, der die Gelegenheit dazu nützt, vor versammelter Mannschaft die weitere Linie vorzugeben. Dass 2015 ein Wahljahr ist, in dem Häupl die Absolute wiedererlangen möchte, konnte er am Donnerstag kaum verbergen.

Er war bei seiner Rede sehr fokussiert, und man merkte ihm sein Ziel an, im beginnenden Wahlkampf Themensetzung zu betreiben. Zum einen kündigte er im Bereich Wohnen an, mit einem Sonderbudget von 25 Millionen Euro 2000 neue Gemeindewohnungen in Wien zu errichten. Die Wohnungen sollen auf Gründen der Stadt Wien errichtet und von Wiener Wohnen vergeben werden. Im Unterschied zu den bereits existierenden "Smart-Wohnungen" müssen die Bewohner keine Eigenmittel beisteuern.

Zweistelliger Millionenbetrag

Zum anderen rief er für die Jahre 2015 und 2016 einen Stopp der Gebührenerhöhungen aus. Konkret soll die Aussetzung die Bereiche Wasser, Abwasser, Müllabfuhrabgabe, Parkometerabgabe, Gebühren der Büchereien, Gebühren der Bäder der Stadt Wien sowie Tarifposten gemäß Gebrauchsabgabengesetz betreffen. Auch die Wiener Linien wollen die Ticketpreise "nach Möglichkeit" nicht erhöhen. Das soll für alle Ticketarten gelten, auch für die stark nachgefragte Jahreskarte. Laut der Finanzstadträtin Renate Brauner entgeht der Stadt ein zweistelliger Millionenbetrag. Näher wollte sie sich nicht festlegen.

Häupl betonte in seiner Rede, dass der Gebührenstopp nicht für ewig gelten werde. Es handle sich um eine Maßnahme, die zur Erhöhung der Kaufkraft führen solle, aber: "Wir machen das nicht wegen des Wahlkampfs."

Einmal mehr forderte Häupl, die Maastrichtkriterien - und somit die Sparpolitik - zu lockern: "Wir brauchen ein Umdenken in Europa." Dann würde es auch Wien leichter fallen, seine Aufgaben zu erfüllen: "Erlaubt uns, dass wir unsere Hack'n machen können." Hinsichtlich des Schuldenstands der Stadt rief Häupl in Erinnerung, dass es eine Wirtschaftskrise gegeben habe. Er wisse sehr wohl, dass die 4,8 Milliarden Euro Schulden, die Wien derzeit habe, viel seien.

Bauern und Wachstum

Aber auch hinsichtlich der Steuerreformdiskussion gilt für Häupl offenbar das Credo "Politik des Wachstums", um die politische Handlungsfähigkeit zu behalten. "Armut frisst Demokratie, wir haben das ganz klar in Griechenland gesehen", sagte der Bürgermeister. Armut könne man aber nur dann bekämpfen, wenn es ein Wirtschaftswachstum gebe: "Jeder Bauer weiß, er muss zuerst säen, um was zu ernten."

Ein wenig ruderte Häupl hinsichtlich seiner Ankündigung eines Verzichts auf Vermögenssubstanzsteuern zurück. "Selbstverständlich bekenne ich mich zur Millionärssteuer, kein Mensch glaubt ja ernsthaft, dass die Steuerreform nur mit einer Erbschaftssteuer finanzierbar ist." Österreich "täte gut daran, die Frage der Vermögens- und Erbschaftssteuer zu entideologisieren und enttabuisieren. Wir brauchen eine Lösung bei der Steuerreform, das ist unbestritten."

Die zuletzt von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) im STANDARD angesprochene teilweise Entmachtung der Bezirke bezeichnete Häupl als absurd. "Was soll das? Nur weil ich mich bei Verkehrsfragen mit den Bezirken herumschlagen muss? Das geht aus meiner Sicht gar nicht." Häupl stellte außerdem ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr in Wien in Aussicht.

"Rot-rote Handschrift"

Als Häupls Einpeitscher fungierte Klubvorsitzender Rudi Schicker. Ebenfalls voll im Wahlkampfmodus zog er Bilanz über die rot-grüne Koalition. Die Grünen seien bereit gewesen, die Politik der SPÖ mitzutragen, das Koalitionsprogramm habe eine "rot-rote Handschrift" getragen. Auch wenn der Koalitionspartner "merkwürdige Forderungen" wie die 100-Euro-Jahreskarte für die Öffis gestellt habe. Die 365 Euro seien eine "sozialdemokratische Lösung". Andere Verkehrskonzepte der Grünen seien hingegen "überhaupt nicht kompatibel mit den Anforderungen einer Stadt".

Bundeskanzler Werner Faymann fehlte in Rust aufgrund einer Erkrankung. "Um allfällige Spekulationen aus dem Weg zu räumen", berichtete Häupl von einem langen Telefonat, das er mit Faymann geführt und in dem er ihn überzeugt habe, seine Erkrankung lieber auszukurieren. (David Krutzler, Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 27.2.2015)