Wien - Auf Erwin Pröll hören die Koalitionsverhandler derzeit nicht. Der öffentlich geführte Schlagabtausch über die Steuerreform sei nicht hilfreich für das "allgemeine Grundklima", sagte der niederösterreichische Landeshauptmann am Mittwoch. "Je länger derartige Diskussionen anhalten, desto schwieriger wird es für das Investitionsklima in der Republik", so Pröll.

Ein Ende des Matches Rot gegen Schwarz scheint aber nicht in Sicht zu sein. In SPÖ-Kreisen wird nun ventiliert, die ÖVP wolle die Steuerreform mit der vorzeitigen Anhebung des Frauenpensionsalters junktimieren. Zuletzt hatte ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner das Thema auch öffentlich wiederholt angesprochen. Nach dem Ministerrat erklärte der Vizekanzler vor zwei Wochen aber, das wäre ein Thema für eine zweite Etappe der Steuerreform. Diese soll nach ÖVP-Vorstellungen, wie berichtet, erst in den Jahren 2019 oder 2020 in Kraft treten.

Kanzler warnt

Ob nun auch die erste Etappe, die spätestens am 1. Jänner 2016 eine Entlastung bringen soll, mit den Frauenpensionen verknüpft wird, war am Mittwoch im Mitterlehner-Kabinett nicht zu erfragen. Man könne dazu derzeit nichts sagen, hieß es.

Im Büro von Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann stellte man jedenfalls unmissverständlich klar: "Wir werden die Steuerreform nicht auf Kosten der Frauen finanzieren", erklärte man auf Anfrage des STANDARD. Und: "Gerade Frauen über 50 sind überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Eine sprunghafte Anhebung des Frauenpensionsalters würde dieses Problem nur verschärfen." Zum Hintergrund des Streits: Nach aktueller Gesetzeslage würde das Frauenantrittsalter erst zwischen 2024 und 2033 von 60 auf 65 Jahre angehoben.

Bei den Steuerinhalten sind SPÖ und ÖVP nach wie vor weit auseinander. Auch nach der Abkehr der SP-Spitze von Vermögenssubstanzsteuern fordern die Roten eine Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie eine höhere Kapitalertragsteuer (KESt), die aber Sparbuchbesitzer nicht belasten soll. Bei letzter Forderung herrschte auch parteiintern Chaos. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl sprach sich im STANDARD-Interview zuletzt explizit dagegen aus. In Österreich zeigte er sich am Mittwoch plötzlich offen. Wenn man einen Weg finde, Vermögen ab einer Höhe von einer Million Euro höher zu besteuern, wäre er für eine Anhebung der KESt. Wenn man dafür beim Bankgeheimnis ansetzen müsse, habe er damit "kein Problem", so Niessl.

Die ÖVP lässt sich bisher bei der Gegenfinanzierung nicht in die Karten blicken. Klar ist nur, was sie nicht will: Vermögenssubstanzsteuern, zu denen die Schwarzen aber auch Erbschaftssteuern zählen.

Gewerkschaft will weiter vermögensbezogene Steuern

ÖGB-Präsident Erich Foglar hat am Mittwoch in Graz in punkto Steuerreform trotz anderslautender Meldungen aus Wien am Modell des ÖGB und der Arbeiterkammer mit vermögensbezogenen Steuern festgehalten: "Wir bleiben bei unseren Vorschlägen, weil die sind beschlossen." Die Diskussion, welche Steuern es sein sollen, sei eine "akademische Debatte" und gehöre an den Verhandlungstisch. (go, DER STANDARD, 26.2.2015)