Bild nicht mehr verfügbar.

Ägypten-Korrespondent Karim El-Gawhary trat bei einem Event des Renner Instituts der SPÖ auf.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Der ORF-Ethikrat fordert eine Meldepflicht für alle öffentlichen Auftritte von ORF-Mitarbeitern, für die der ORF-Verhaltenskodex gilt. Anlass dafür sind drei Fälle von Auftritten von ORF-Journalisten bei Institutionen politischer Parteien. Die Teilnahme an solchen Parteiveranstaltungen ist laut ORF-Ethikrat "grundsätzlich problematisch".

Das Gremium hat deshalb in seiner jüngsten Sitzung vergangene Woche eine Ergänzung der Verhaltenskodex-Erläuterungen beschlossen, die nun im ORF-Intranet publiziert wurde. Gleich mehrere Auftritte von ORF-Journalisten sorgten zuletzt für Diskussionen: Osteuropakorrespondent Christian Wehrschütz referierte bei der ÖVP-Klubklausur zur Lage in der Ukraine, Mari Lang moderierte das unter anderem vom SPÖ-Parlamentsklub veranstaltete Barbara Prammer-Symposium, und Ägypten-Korrespondent Karim El-Gawhary trat bei einem Event des Renner Instituts der SPÖ auf. Geht gar nicht, entschied der Ethikrat in allen drei Fällen.

Wrabetz rief Krone"-Postler Michael Jeannee an

"Die dazu entstandene öffentliche Debatte hat (trotz manch unkluger Wortmeldung) zur weiteren Bewusstseinsschärfung im ORF ebenso beigetragen, wie abermals sehr deutlich wurde, welch exaktes Regelwerk es zu den Unabhängigkeitsverpflichtungen des öffentlich-rechtlichen Österreichischen Rundfunks gibt", hielt der Ethikrat dazu nun fest. Mit den "unklugen Wortmeldungen" sind offenbar ORF-Chef Alexander Wrabetz, der "Krone"-Postler Michael Jeannee telefonisch in Kritik am Ethikrat bestärkte, was Jeannee prompt zu Papier brachte, sowie der Kärntner Stiftungsrat Siggi Neuschitzer gemeint, der die Entscheidungen des Ethikrats ebenfalls bekrittelte und darüber hinaus ein generelles Ende von Nebenjobs für ORF-Mitarbeiter forderte. Wrabetz habe den Verhaltenskodex mitverhandelt und selbst 50 Prozent des Ethikrats beschickt, Neuschitzer den Verhaltenskodex im Stiftungsrat mitbeschlossen, so die versteckte Botschaft des Ethikrats.

Dabei zeige sich die "Praxistauglichkeit" der Verhaltensregeln für ORF-Journalisten "ganz deutlich", schreibt der Ethikrat im ORF-Intranet. "Nicht zuletzt dadurch, dass kaum mehr Anträge für mit den ORF-Regulativen unvereinbare Nebenbeschäftigungen gestellt werden und dadurch, dass alle bisherigen Ethikrat-Beschlüsse einstimmig fielen, also zumindest für die - vom Generaldirektor und vom Redakteursrat entsandten - Ethikratmitglieder die Bestimmungen eindeutig sind. Jede noch so vereinzelte Verletzung von Verhaltenskodexbestimmungen ist aber natürlich eine zu viel. Jede dieser Verletzungen hätte allerdings auch leicht vermieden werden können, wären der ORF-Verhaltenskodex und die dazu vom ORF-Ethikrat im Intranet veröffentlichten Materialien genau beachtet worden."

"Pflicht zur Unabhängigkeit"

Die Teilnahme an Parteiveranstaltungen sei - "aus allen Bestimmungen klar ablesbar" - für ORF-Journalisten jedenfalls "grundsätzlich problematisch", weil kaum vereinbar mit der im ORF-Gesetz festgehaltenen "Pflicht zur Unabhängigkeit", mit der in den Programmrichtlinien festgelegten Verpflichtung, dass "ORF-Journalisten und Programmverantwortliche alles zu unterlassen haben, das geeignet sein könnte, Zweifel an der Unabhängigkeit des ORF aufkommen zu lassen" und mit der Verhaltenskodex-Bestimmung, dass "alle politischen und wirtschaftlichen Verquickungen, die geeignet sein könnten, Zweifel an der Unabhängigkeit aufkommen zu lassen, zu vermeiden sind". Diese Regeln seien "bei allen öffentlichen Auftritten" zu beachten. "Unabhängig davon, ob dafür ein Honorar bezogen wird oder nicht. Und diese Bestimmungen gelten selbstverständlich auch für Freie Mitarbeiter", so der ORF-Ethikrat.

Auch wenn bei einem Auftritt bei einer Parteiveranstaltung ein ORF-Journalist nichts anderes sagt, als er oder sie in ORF-Sendungen sagen würde, ändere das nichts daran, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck einer Nähe zur veranstaltenden Partei erweckt wird bzw. Vereinnahmungseffekte entstehen können. "Die Mitwirkung von ORF-Journalisten an Parteiveranstaltungen ist also nur in besonderen - im jeweiligen Einzelfall genauestens zu prüfenden und zu begründenden - Ausnahmefällen mit den ORF-Unabhängigkeitsverpflichtungen vereinbar." Etwa wenn es sich um eine Diskussion mit mehreren, von der veranstaltenden Partei unabhängigen Fachleuten handelt. Das gelte auch für "Experten"-Auftritte, denn ORF-Journalisten haben über die Tätigkeit politischer Parteien unabhängig zu berichten, was mit der Beratung von Parteien zwangsläufig inkompatibel sei.

"Meldepflicht" soll kommen

Da es bei den Anlassfällen "Unklarheiten bei in Genehmigungsprozessen Verantwortlichen" gab, empfiehlt der Ethikrat ORF-Chef Wrabetz, die für Nebenbeschäftigungsgenehmigungen Verantwortlichen nachdrücklich auf die Verpflichtung zur Überprüfung der beantragten Nebenbeschäftigung auf deren Vereinbarkeit mit dem Verhaltenskodex aufmerksam zu machen. Für öffentliche Auftritte sollte eine "Meldepflicht" fixiert werden. (APA, 25.2.2015)