Stefano Secco als Titelheld in "Don Carlo" an der Staatsoper.

Foto: Staatsoper / Michael Pöhn

Wien - "Ella giammai m'amò", "Sie hat mich nie geliebt", klagt der einsame Philipp II. am Beginn des dritten Akts von Verdis Don Carlo. Minutenlanger Beifall ging nach dieser Arie am Sonntag in der Staatsoper auf Ferruccio Furlanetto nieder. Der Applaus wandte sich wohl auch an einen Sänger, der diese Partie seit sagenhaften 30 Jahren neben vielem anderen verkörpert.

Respekt und liebevolle Zuwendung galten aber genauso dem Augenblick - der Innigkeit, mit der Furlanetto seinen noch immer mächtigen Bassbariton zurücknahm, der gestalterischen Tiefe, der Präsenz, die er auch für den Rest des Abends ausstrahlte.

Die eigentlich noch ziemlich junge Inszenierung von Daniele Abbado sieht zwar nicht unbedingt alt aus, aber verströmt eine Art Zeitlosigkeit hinsichtlich des Geschehens, die jegliche Dramatik zu absorbieren scheint. Das macht es schwer, eine Atmosphäre zu entwickeln, die über eine gut beleuchtete konzertante Aufführung hinausgeht - trotz des markanten dunklen Kubus und noch so vielen Lichteffekten.

Musikalisch wird innerhalb des statischen Steh- und manchmal Gehtheaters allerdings derzeit viel Schönes geboten. Neben Furlanetto orgelt vor allem Dmitri Hvorostovsky als Posa zwischen dunklen Regionen und strömender baritonaler Mittellage. Die Loyalitätskonflikte des Charakters kann er allerdings im gegebenen Rahmen bloß andeuten. Auch die Schwäche des Infanten von Spanien erschließt sich eher mittelbar, auch wenn Stefano Secco in der Titelpartie zunächst einmal die wenig überraschende Anmutung eines angestrengten Tenors bietet - der alle nötigen Anforderungen einlöst, dann und wann zu Strahlkraft findet, doch sonst eher Dienst nach Vorschrift stemmt.

Das ergibt im Verein mit Hvorostovsky glänzende Passagen, ebenso mit Maria Pia Piscitelli als makelloser Elisabeth sowie mit Béatrice Uria-Monzon als eindrucksvoll sonorer Eboli. Ein kleiner Einwand kann Dirigent Marco Armiliato nicht erspart werden: Oft ist das Staatsopernorchester deutlich zu laut.

Doch muss dazugesagt werden, dass das Bühnenbild ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Stimmen und Orchester erschwert, bisweilen verunmöglicht. Das ist noch bedauerlicher als die szenische Regungslosigkeit. Denn Armiliato sorgt zusammen mit den hochengagierten Musikern für prägnante Brisanz, straffe Zeitmaße und ein hohes Maß natürlicher Phrasierung. Nach dem Beifall zu schließen, wurde auch das gewürdigt. (Daniel Ender, DER STANDARD, 24.2.2015)