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Eine Vorschrift aus der Gewerbeordnung: Betreiberinnen von Nagelstudios dürfen zwar Fingernägel verschönern – bei Fußnägeln brauchen sie einen Kosmetikerinnen-Gewerbeschein.

Foto: dpa/Rumpenhorst

Wien – Zuletzt wurde es von der Deregulierungskommission vorgeschlagen. In deren viertem und letztem Bericht monieren sie teilweise antiquierte Vorschriften der Gewerbeordnung, die es Unternehmer schwerer machen als notwendig.

Damit laufen die Vertreter der Kommission offene Türen bei Volker Plass, Sprecher der Grünen Wirtschaft, ein. Eine ganze Liste von Absurditäten hat er zusammengetragen: "Die Gewerbeordnung gehört entrümpelt."

Alles streng geregelt

Da ist die Nageldesignerin, die nur Fingernägel lackieren darf, jedoch keine Fußnägel. Da ist die Absolventin einer Modeschule, die trotz langjähriger Berufserfahrung als Schneiderin bei einer Modekette keinen eigenen Modesalon eröffnen darf: Sie müsste die Schneiderinnen-Meisterprüfung nachmachen. Da sind die oftmals vielsprachigen Absolventen von Tourismus-Universitätslehrgängen, die kein Reisebüro aufmachen dürfen, bevor sie nicht ein Jahr Praktikum in einem Reisebüro absolviert haben. Überall in Europa sind Reisebüros ganz normale Dienstleister, die jeder aufsperren darf.

Probleme entstehen auch dann, wenn ein Gewerbetreibender eine verwandte Dienstleistung erbringen will: Ein Malermeister will eine Rigipsplatte an die Wand schrauben, dafür braucht man aber den Gewerbeschein "Aufstellen von mobilen Sichtschutzeinrichtungen für Toilettenanlagen, Umkleidekabinen u. dgl. durch einfaches Zusammenschrauben oder Zusammenstecken fertig bezogener Teile". Hat er diesen Gewerbeschein nicht, macht er sich im Sinne von unlauterem Wettbewerb strafbar.

Neuer Ansatz: "Universalhandwerker"

Kritiker sehen in den vielen abgegrenzten Berufs- und Gewerbevorgaben einen Grund für die hohe Pfuschrate im Land. Den Pfuschern sei eine steuerzahlende Legalität oftmals deshalb verwehrt, weil sie keine einschlägigen Berufsausbildungen (Lehre/Geselle/Meister) vorweisen können. Plass fordert deshalb einen freien, nur anmeldepflichtigen Gewerbeschein als "Universalhandwerker".

Immer wieder ist das Reglementierungskorsett der EU-Kommission ein Dorn im Auge. Bevor ein Vertragsverletzungsverfahren in Gang gesetzt wird, wird jedoch schnell die Gewerbeordnung angepasst. 3,8-mal im Jahr gibt es eine Novelle, weiß Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer. Er verteidigt die Gewerbeordnung als "lebendiges System" und ist der Meinung, dass im Hochlohnland Österreich mit seiner erfolgreichen dualen Ausbildung der Gewerbeordnung eine wichtige Rolle zukomme. "Es gibt eine entsprechende Ausbildung, und dann kann eben nicht jeder alles tun."

Rauchfangkehrer

Eine typisch österreichische Gewerbeordnungsadaption gab es jüngst bei den Rauchfangkehrern, der Standard berichtete: Früher war das Gewerbe Österreichern vorbehalten, künftig dürfen auch EU-Ausländer in Österreich diese Dienstleistung anbieten. Eine nicht unbedeutende Ausnahme gibt es aber in der Novelle: Bei österreichischen Behörden dürfen weiterhin nur österreichische Betriebsinhaber den Rauchfang kehren, schließlich sei dies eine "behördliche Tätigkeit im Rahmen des Brandschutzes", heißt es dazu. Angeblich soll diese Novelle vor EU oder Gericht halten.

Eine ähnliche Vorschrift gibt es beim Handel mit Waffen. Auch der ist Inländern vorbehalten. Da dies dem EU-Recht widerspricht, wird es hier eine entsprechende Adaption der Gewerbeordnung geben müssen, sagt Reinhard Kainz.

Novellen fordert auch die Deregulierungskommission ein: Wenn jemand ein freies Gewerbe bereits angemeldet hat, sollte er sich in diesem auch "frei bewegen dürfen". Dies würde dem Unternehmer die Anpassung an geänderte Marktverhältnisse erleichtern. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 23.2.2015)