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Beim Treffen Anfang Jänner lächelten Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und Premier Alexis Tsipras, jetzt wird um Worte gestritten.

Foto: EPA/Giannacouris

Der Streit um eine Verlängerung des Hilfsprogramms bzw. der Kredite, welche die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) Griechenland gegen die Erfüllung von Reformauflagen zugesagt haben, trat am Mittwoch in eine neue Phase. Da eine Einigung auf den Modus des weiteren Vorgehens im Kreis der formell zuständigen Finanzminister der beteiligten Länder seit einer Woche nicht gelungen war, schaltete der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras die höchsten politischen Ebenen ein.

Der Syriza-Chef habe nach dem Scheitern in der Eurogruppe am Montag Frankreichs Staatspräsident François Hollande und den italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi angerufen und um Unterstützung gebeten, erfuhr der Standard am Mittwoch. Die beiden Sozialisten sollten versuchen, Bewegung in die blockierten Gespräche zu bringen, bestätigten mit den Verhandlungen vertraute Beamte. Im Verhältnis zu Deutschland, dessen Finanzminister Wolfgang Schäuble sich unnachgiebig zeigt, herrsche derzeit hingegen Eiszeit. Bereits seit dem Wochenende, als Beamte und Experten der "Institutionen" an einem Gesamtpaket arbeiteten, war Tsipras mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Kontakt. Er versucht sich als Vermittler. "Die beiden telefonieren mehrfach am Tag", hieß es.

Vizepräsident Valdis Dombrovskis bestätigte, dass inzwischen viele Leute, er selber aber auch Währungskommissar Pierre Moscovici gemeinsam mit Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem an brauchbaren Formulierungen feilten. Die Kommission dränge Athen dazu, direkt um eine Verlängerung des existierenden Programms anzusuchen, weil nur dann die ausstehenden 7,2 Milliarden Euro aus den Fonds sofort freigemacht werden könnten.

Hängepartie mit Ansagen

Wie berichtet, gibt es in diesem Punkt den entscheidenden Widerspruch zwischen Griechenland und den 18 Europartnern. Finanzminister Yiannis Varoufakis will nur um eine Verlängerung eines "Kreditabkommens" für einen "Übergang" von mehreren Monaten ansuchen, in denen man dann in Ruhe über die Neuausrichtung der Reformen verhandeln kann. Die Europartner mit Schäuble bestehen darauf, dass man die beiden Elemente nicht trennen könne, es Geld nur bei Erfüllung der Reformen fließen kann.

Dabei schien es Mittwoch zunächst, als habe man einen Ausweg gefunden. Ein Sprecher der Regierung in Athen kündigte an, dass man am Abend einen Brief mit dem Antrag abschicken werde. Nach dem Standard vorliegenden Informationen sei dem Bezug auf die Auflagen der Geldgeber in einer Weise Rechnung getragen worden, die es rechtlich gerade noch akzeptabel erscheinen ließe, darin einen Antrag auf die Verlängerung des gesamten Programms - samt Bedingungen - zu sehen, auch wenn es so nicht ausgedrückt werde. Am Nachmittag widerrief die griechische Regierung, kündigte den Antrag für heute, Donnerstag, in der Früh an.

Zank um Textentwürfe

Für Verwirrung sorgten die Versuche der Kommission, von sich aus Kompromissvorschläge zu erarbeiten, die "Flexibilität" bei den verlangten Reformauflagen in den Vordergrund stellen. So kursieren seit Montag mehrere Versionen für ein Vorhabenspapier der Eurogruppe, die sich in einzelnen Formulierungen unterscheiden.

Eine davon soll nach der Darstellung des griechischen Finanzministers von Währungskommissar Moscovici stammen, was dieser umgehend dementierte. Die Forderung nach Einhaltung von Auflagen für Kredit ist darin nur verklausuliert verpackt. Varoufakis hatte diesen Entwurf Montag öffentlich gemacht und erklärt, er hätte diesen Text sofort unterzeichnet. Aber Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sei mit einem schärfer formulierten, unakzeptablen Vorschlag gekommen.

Das alles scheint Teil eines Pokers, in dem alle Beteiligten für sich die beste Ausgangslage gewinnen wollen. Die wichtigste Frage, wann die Eurogruppe wieder zusammentreten kann, um über Inhalte der Reformen zu verhandeln, blieb Mittwoch offen. Angedacht ist ein Sondertreffen am Freitag, sollte Tsipras den Antrag abschicken. Die Zeit drängt, da das Hilfsprogramm Ende des Monats ersatzlos ausliefe.

Am Abend stand in Athen die Wahl des konservativen Exinnenministers Prokopis Pavlopoulos zum neuen Präsidenten an. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 19.2.2015)