Bild nicht mehr verfügbar.

Radfahren in London ist gefährlich: Derzeit trauen sich fast nur speziell ausgerüstete Radfahrer oder - mangels besseren Wissens - Touristen auf Leihrädern auf die Straße. Das soll sich ändern.

Foto: Reuters / Luke MacGregor

London - Fahrradfahren in London ist gefährlich: Es gibt nur wenige, oft sehr schmale Radspuren, manchmal hören sie plötzlich auf. Deshalb sausen auch fast nur junge Leute in spezieller Fahrradmontur durch London - oder Touristen auf Leihrädern, die nicht wissen, worauf sie sich einlassen.

Das soll sich ändern. Bürgermeister Boris Johnson, der manchmal mit dem Rad zur Arbeit kommt, will umgerechnet 1,35 Milliarden Euro in neue breite Radwege investieren. Im März soll mit dem Bau der "Cycling Superhighways" begonnen werden. Im Frühjahr 2016, zum Ende von Johnsons Amtszeit, sollen über 35 Kilometer Radweg von Osten nach Westen und von Norden nach Süden durch London führen.

Nicht alle sind von den Plänen begeistert. Taxler, Busunternehmer und Geschäftsinhaber befürchten mehr Staus, weil Fahrbahnen verengt werden. Radfahrerorganisationen drängen hingegen auf einen schnellen Baubeginn, da jedes Jahr Radler ums Leben kommen.

Hoffnung auf Entlastung auf den Straßen

Das Gedränge auf Londons Straßen nimmt zu; die 8,6-Millionen-Einwohner-Stadt wächst und wächst. Schon in wenigen Jahren werden dort über zehn Millionen Menschen leben. "Wenn wir die Leute auf ihre Fahrräder bringen, verringert das den Druck auf den Straßen, in Bussen und Zügen", argumentiert Johnson. Der Fahrrad-Highway werde so erfolgreich sein wie die Innenstadtmaut, die es seit 2003 gibt. Seither fahren pro Tag 70.000 Autos weniger ins Zentrum.

Johnson liebäugelt bereits mit weiteren Projekten, etwa einer unterirdischen Fußgänger- und Radstrecke. Dem Designbüro Gensler wurde für einen entsprechenden Projektentwurf soeben ein Preis verliehen: Die "London Underline" soll in einem stillgelegten U-Bahn-Tunnel unter dem Zentrum verlaufen. Ein spezieller Bodenbelag könnte den Druck der Fahrräder und Fußgänger auf den Boden in Energie für die Beleuchtung umwandeln. Das Projekt soll sich durch Werbetafeln, Ausstellungen und das Vermieten von Verkaufsflächen finanzieren.

Ganz so einfach ist es nicht. Kritiker sehen Frischluftprobleme. Zudem sei der Tunnel schwer zu erreichen. "Die Underline ist kein sinnvoller Weg, um die Straßen staufrei zu machen, sie ist in etwa so sinnvoll, wie jedem Londoner einen eigenen Minizeppelin zur Verfügung zu stellen", ätzte Feargus O'Sullivan im Guardian.

"Sicher und autofrei"

Noch größer und teurer wäre das Projekt "SkyCycle" des Architekten Norman Foster: Eine über 200 Kilometer lange Fahrradstrecke auf Stelzen oberhalb der Zuggleise wäre "erstklassig, sicher und autofrei", schwärmt Foster. Über mehr als 200 Rampen und Aufzüge könnten Radler hinaufgelangen. Der Bau des ersten Streckenteils, 6,5 Kilometer über Gleisen des Overground-Zuges von Stratford zur Liverpool Street Station, würde umgerechnet 300 Millionen Euro kosten. Der Bau neuer Straßen oder Bahnstrecken wäre teurer, sagt Foster. Radfahrerorganisationen kritisieren, es sei zu mühsam, über Rampen auf den Schnellweg zu gelangen.

Gewagt wäre auch der "Themse-Terrassenweg" des "River Cycleway Consortium": Er soll auf dem Wasser aufliegen und mindestens 15 Kilometer lang werden. Der Bau würde umgerechnet etwa 800 Millionen Euro kosten. Radler und Fußgänger sollten für die Benutzung umgerechnet zwei Euro zahlen, schlägt das Konsortium vor. Die Hafenbehörde hat aber Bedenken angemeldet: Der Raum für Schiffe würde eingeschränkt.

"Nationales Netzwerk schaffen"

Trotzdem ist Boris Johnson auch diesbezüglich interessiert. Er sagte vor kurzem: "Wir sollten Großbritannien in ein großes Fahrradland verwandeln, viel Geld investieren und ein nationales Netzwerk von Fahrradrouten schaffen". Ein solches Netzwerk namens Sustrans gibt es aber schon seit vielen Jahren. (Tina Stadlmayer aus London, DER STANDARD, 18.2.2015)