Wien - Aus privater Passion Kunstwerke anhäufeln, die Kollektion dann der öffentlichen Obhut überlassen und weiterhin Einfluss behalten: Aus der Perspektive von Kunstsammlern ist das ein ideales Szenario. Auch Karlheinz Essl hatte vergangenes Jahr mit diesem Modell geliebäugelt, sich jedoch eine Abfuhr eingehandelt. Dem Staat fehlt für Rettungsmaßnahmen dieser Größenordnung schlicht das Geld.

Wie sehr sich einstige Theorie von der späteren Praxis im Museumsalltag unterscheiden kann, führt die Leopold-Museum-Privatstiftung seit Jahren vor Augen. Trotz steigender Besucherzahlen und Einnahmen - etwa auch aus der Vermietung der Räume im Zuge der Art Austria, die Messeorganisator Wolfgang Pelz mit 192.000 Euro beziffert - kommt man gerade so über die Runden.

Die ursprüngliche Zusicherung, der Betrieb würde sich selbst erhalten, ist offiziell längst Geschichte. Stattdessen führt man seit Jahren einen Kampf um die Erhöhung öffentlicher Subventionen. Bis vergangenes Jahr waren es 2,7 Millionen Euro (inkl. Mietzuschusses); heuer bekommt man erstmals 3,3 Millionen Euro. Zu wenig, kritisierte Diethard Leopold in einem "Kurier"-Interview und forderte stattdessen zumindest vier Millionen Euro jährlich.

Bislang habe sich das Minus auf etwa 2,7 Millionen Euro summiert und sei diese Lücke anderweitig abgedeckt worden: mit dem Überschuss, der sich aus Verkäufen aus dem Bestand (2011, 2013) zur Refinanzierung von Einigungen mit Erbengemeinschaften (Bildnis Wally, Häuser am Meer) ergab. Brisant insofern, als es sich hierbei um zweckgewidmetes Geld für künftige Vergleiche zur Erhaltung der Sammlung Leopold handelt, das stattdessen zur Finanzierung des Museumsbetriebes verwendet wurde.

In einer Aussendung forderte Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Grünen, prompt eine Aufklärung zu diesen Stiftungsgebaren. Der Leopold-Museum-Privatstiftung war dazu heute keine Stellungnahme zu entlocken. Die "kumulierten Abgänge", erläutert Diethard Leopold im Gespräch, seien über Kredite finanziert worden, die sodann und aufgrund der ohnedies niedrigen Sparzinsen abgedeckt wurden.

Etwa 3.500 Objekte

Abseits aktueller personeller Veränderungen, die sich innert der vergangenen 16 Monate aus den Abgängen des museologischen (Tobias Natter, Oktober 2013) und des kaufmännischen (Peter Weinhäupl, spätestens Ende 2015) Direktors ergaben, geht es um die Zukunft des Museums: In dieser will der Sohn des Museumsbegründers auch weiterhin eine Rolle spielen. Nicht als einer der Direktoren, wie er auf STANDARD-Anfrage präzisiert, sondern im Vorstand. Denn: Dort läuft sein Mandat spätestens im Herbst 2015 aus, jenes seiner Mutter Elisabeth Leopold ist auf Lebenszeit beschränkt.

Als Mitgift bringt Diethard Leopold aktuell die Sammlung II ins Spiel, also jene Kollektion, die nach der Gründung des Museums 1994 entstand und nach dem Tod des Vaters zu je einem Drittel in den Besitz der Kinder überging.

Im Detail geht es nur um seinen Anteil und um den seines Bruders Rudolf junior im Umfang von etwa 3.500 Objekten (im Wert von zumindest 100 Millionen Euro). Ursprüngliche Pläne, damit in Erwin Prölls Prestigeprojekt eines Sammlermuseums in Niederösterreich Unterschlupf zu finden, scheinen damit vom Tisch. Aktuell ist von bedeutenden Teilen die Rede, die als langfristige Leihgabe im Leopold-Museum eine Heimat finden sollen. Offiziell, denn tatsächlich wurden die Museumsressourcen schon bisher genutzt: Die Sammlung II wurde dort inventarisiert sowie betreut, und teils sind deren Bestände bis heute in den Depots verwahrt.

So generös dieses Angebot aus der Sicht der Familie Leopold klingen mag, wirft es die Frage auf, ob eine solche Integration der Sammlung II nicht eher Luxus als Notwendigkeit ist. Denn abseits kunsthistorischer Relevanz geht es um damit verbundene Kosten, etwa für Restaurierung oder Versicherung. Oder auch für Provenienzrecherche. Privat sei man ja nicht verpflichtet, so Diethard Leopold, weshalb diese nur punktuell erfolgte. Im Leopold-Museum übrigens, wo man noch immer mit der Sammlung I beschäftigt ist und die dem Vernehmen nach erst zu knapp fünf Prozent erforscht sein soll. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD, 17.2.2015)