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SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder (rechts) nimmt Bundeskanzler Werner Faymann gegen die Kritik von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka (links) in Schutz.

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STANDARD: Ihr Klubobmannkollege auf schwarzer Seite, Reinhold Lopatka, hat im Interview mit dem Standard behauptet, dem Bundeskanzler sei durch das ständige Schielen auf den Boulevard der Blick verstellt, ihm fehle der Weitblick in der Außenpolitik, kurz gesagt: Der Kanzler kann Außenpolitik nicht. Was sagen Sie dazu?

Schieder: Auf dieses Niveau möchte ich mich nicht begeben, das ist das Niveau, in dem Parteisekretäre miteinander verkehren. Es ist richtig und wichtig, beim Europakurs auf die Gefahren der Austeritätspolitik hinzuweisen. Dieser Kurs wird derzeit von Deutschland zu stark vertreten, der gehört korrigiert. Die Frage ist, wie man mit Griechenland umgeht. Die Griechen brauchen mehr Luft zum Atmen. Sie müssen in die Lage kommen, eine sozialverträgliche und wachstumsfördernde Politik umzusetzen. Griechenland braucht Zeit, man muss den Griechen eine faire Chance geben. Darauf hat der Kanzler hingewiesen.

STANDARD: Ein Vorwurf lautet, dass der Kanzler mit seiner Annäherung an Griechenland den Kurs der restlichen EU-Staaten unterläuft.

Schieder: Es war mit Sicherheit richtig, dass Kanzler Faymann den neuen griechischen Premier Alexis Tsipras getroffen und mit ihm gesprochen hat. Das ist doch selbstverständlich.

STANDARD: Die ÖVP hat kritisiert, dass das Verhältnis zwischen Faymann und Tsipras zu amikal sei.

Schieder: Es ist die übliche Aufgabe von Faymann, mit anderen Regierungschefs zusammenzutreffen und mit ihnen den Kontakt zu pflegen. Dafür ist er ja Regierungschef. Faymann hat Themen angesprochen, die für Österreich und die Europäische Union wichtig sind. Europa steht an einer Weggabelung. Die strikte Austeritätspolitik der Marke Merkel gefährdet das Wirtschaftswachstum, darunter leidet der ganze europäische Raum. Die USA hingegen haben ein hohes Wirtschaftswachstum, dort wird investiert. Ich verstehe auch die Diskussion in der ÖVP in diesem Zusammenhang nicht. Das reine Sparen und Kürzen in allen Bereichen funktioniert nicht, dadurch gefährden wir unser Wachstum. Wir müssen auch investieren und entlasten. Das gilt auch für die anstehende Steuerreform: Wir brauchen Maßnahmen für ein Wirtschaftswachstum. Diesen Kurs sind wir in Österreich gemeinsam mit der ÖVP gefahren.

STANDARD: Dass Lopatka den Kanzler so scharf anschießt, lässt auf ein schlechtes Verhältnis in der Koalition schließen. Ist das der übliche Umgangston in der Regierung?

Schieder: Nein, das ist nicht der übliche Umgangston. Ich bin immer auch auf der Suche nach dem Positiven. Mein Kollege Lopatka hat in dem Interview auch festgestellt, dass die Arbeit in der Regierung und im Parlament an sich sehr gut funktioniert. Wir haben wichtige Gesetzesvorhaben auf Schiene gebracht, wir haben die Reform des Untersuchungsausschusses umgesetzt, demnächst regeln wir das Rederecht für Europaabgeordnete, wir haben das Gesetz zur Fortpflanzungsmedizin neu geregelt, wenn auch unter großen Schmerzen des Koalitionspartners. Demnächst werden wir in der Frage des Rauchverbots in Lokalen eine klare Lösung treffen.

STANDARD: Lopatka hat darauf verwiesen, dass Werner Faymann an der Obmanndebatte in seiner eigenen Partei laboriere und dass diese Unruhe in der SPÖ auch Auswirkungen auf die Regierungsarbeit habe. Wie sehen Sie das?

Schieder: Wenn ich da eine Aussage von Lopatka aufgreifen darf: Da fehlt wiederum mir die Zeit, das hinreichend zu beantworten. Ich glaube, dass Lopatka diese Frage zu sehr im Lichte vergangener ÖVP-Obmanndebatten betrachtet. (Michael Völker, DER STANDARD, 16.2.2015)